[453] Fragstücke (Interrogatoria), schriftliche Fragen, welche nach gemeinem Deutschen Civilprocesse bei der Führung eines Beweises durch Zeugen von dem Gegner des Beweisführers (dem Producten) dem Gerichte zu dem Zwecke übergeben werden können, damit das letztere bei der Vernehmung der Zeugen dieselben zugleich über diese Fragen vernehme. Die F. sind nach Einführung des schriftlichen u. heimlichen Verfahrens an Stelle der Fragen getreten, welche der sonst bei der Vernehmung der Zeugen persönlich gegenwärtige Product unmittelbar an die Zeugen richten konnte. Da die Stellung der F. lediglich im Interesse der Producten liegt, welcher dadurch Material zu seiner Vertheidigung gewinnen kann, so kann der Product auch auf dieselben ganz verzichten. Man unterscheidet: a) allgemeine F. (I. generalia), welche nur die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen erforschen sollen, u. b) besondere (I. specialia), welche sich an die einzelnen Beweisartikel (s.u. Beweis) anschließen u. sich entweder auf den Grund der Wissenschaft des Zeugen über die einzelnen darin aufgestellten Behauptungen beziehen od. versuchen sollen, eine bestimmtere Beantwortung zu allgemein od. zweifelhaft gestellter Artikel herbeizuführen. Die allgemeinen F. sind jetzt in den meisten deutschen Ländern ein für allemal gesetzlich vorgeschrieben, so daß die Zeugen auch ohne besonderen Antrag des Producten darüber vernommen werden. Unzulässig u. verboten sind solche F., welche auf Führung des Gegenbeweises gerichtet sind (I. praeliminaria, gemeine F. zur Sache); ferner F., welche blos die Beweisartikel unter anderer Form wiederholen, nur Erinnerungen an die Folgen des Meineides enthalten, verfänglich (I. captiosa) od. auf Etwas gerichtet sind, was zur Schande des Zeugen gereichen würde. Die Form der F. ist gewöhnlich die indirecte Frageform. Auch im Criminalprocesse kommen früher F. vor, das neuere Strafverfahren kennt sie nicht mehr. Vgl. Beselin, Über die Interrogatorien beim Zeugenbeweise, Rost. 1816.