Indifferentismus

[882] Indifferentismus (lat.), die Denkungsart, wonach der Mensch auch gegen wichtige, die höchsten Interessen berührende Angelegenheiten eine gewisse Gleichgültigkeit behauptet. Bes. ist der I. a) ein religiöser, u. dieser ein absoluter (universeller), wenn auf Einen gar keine Religion einen Eindruck macht; od. ein relativer (particularer), wenn Einer keinen Unterschied in den verschiedenen Glaubensansichten, bes. des Christenthums, macht u. der Religion nur moralischen Nutzen zuerkennt; der religiöse I. steht dem Fanatismus entgegen; ein kirchlicher, der keiner kirchlichen Anstalt od. Einrichtung irgend einen Werth beilegt; ein confessioneller, welcher den Unterschied zwischen den verschiedenen christlichen Confessionen als nichtssagend bezeichnet u. sich deßhalb für unbeschränkte Toleranz erklärt; b) ein moralischer, wenn Einer den wesentlichen Unterschied zwischen Gut u. Bös läugnet; ein c) politischer, wenn Einem gleichgültig ist, unter welcher Staatsform er lebt; d) scientifischer od. wissenschaftlicher, dem alle wissenschaftlichen Theorien u. Systeme gleich gelten; e) ästhetischer, der gegen das Schöne u. das Häßliche gleichgültig ist; f) physischer, der gegen Luft u. Unlust gleichgültig ist etc. Die christliche Ethik verwirft den I. als ein Zeichen eines trägen Verstandes od. eines zerstreuten, für die höheren Interessen unempfänglichen Herzens, wobei allmälig das geistige Heben u. der sittliche Charakter ganz in das Ordinäre herabsinkt. Vgl. Clerious, Contra indifferentismum in religione, 1724; Tzschirner, Über den moralischen I., 1805.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 882.
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