[116] Melusīne, eine Fee, welche ursprünglich dem celtischen Volksglauben angehört, aber in der Sage zur Gattin des Raimondin, eines Sohnes des Grafen von Forêt, u. zur Stammmutter des Hauses Lusignan (s.d.) gemacht wird. Gewöhnlich erschien sie in menschlicher Gestalt, aber an gewissen Tagen in jedem Monat od. Jahr halb Fisch. Sie liebte ihren Gatten u. lebte mit ihm glücklich im Schlosse Lusignan. Streng hatte sie ihm indessen geboten, sie an gewissen Tagen unbelauscht eingeschlossen zu lassen. Der Gemahl trat einst unerwartet an dem verbotenen Tage in ihr Zimmer u. sah sie, halb Fisch, in einem Wasserbassin herumschwimmen; sie stieß einen Schrei aus u. verschwand; doch ließ sie sich, wenn sich ein wichtiger Todesfall in der Familie Lusignan u. später, als diese durch Heirath mit den Königen von Frankreich verbunden worden waren, in diesem Geschlecht ereignete, auf einem hohen Thurm des Schlosses Lusignan wehklagend u. in Trauerkleidern sehen, bis endlich dieser Thurm (1574) auf Befehl des Herzogs von Montpensier eingerissen wurde. Da zeigte sie sich wiederholt, um den Thurm zu retten, u. verschwand dann auf immer Aus den Sagen von der M., wie sie im Hause Lusignan heimisch waren, bildete gegen 1390 Jean d'Arras ein Gedicht, welches später in prosaischer Auflösung (Paris 1550) zum Volksbuch wurde. Nach Deutschland kam letzteres 1454 durch die Übersetzung Thürings von Ringoltingen aus Bern. die zuerst in Augsburg 1474 in Druck erschien u. auch von Feierabend in das von ihm herausgegebene Buch der Liebe (Frankf. 1587) aufgenommen wurde.