Rechtsstaat

[895] Rechtsstaat, die Form des Staatswesens, welche darauf berechnet ist, daß die individuelle Freiheit in demselben volle Garantien finde, im Gegensatz zu Polizeistaat, womit man die Vorstellung einer, wenn auch vielleicht gut gemeinten, doch immer drückenden Bevormundung der Staatsbürger durch die polizeiliche Thätigkeit der Regierung zu verbinden pflegt. Die Unterscheidung beruht darauf, daß bald diese, bald jene Richtung als diejenige vorangestellt wird, welche die hauptsächlichste Aufgabe für die Staatsgewalt zu bilden habe. Da in einem wohlorganisirten Staate ebenso wenig eine genügende Garantie der individuellen Freiheit, als die Polizei fehlen kann, so muß in diesem Sinne jeder Staat Rechts- u. Polizeistaat zugleich sein. Wenn man aber gleichwohl in neuerer Zeit die Idee des R-s, gegenüber dem Polizeistaate, verfolgt, so soll dieselbe nur das Streben bezeichnen, daß alle[895] diejenigen Institutionen, welche die individuelle Freiheit des Einzelnen zu sichern bestimmt sind, ausgebildet werden, daß ferner den Individuen nicht von oben herab eine bestimmte Richtung des Denkens u. Handelns aufgenöthigt werde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 895-896.
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