Wodu

[315] Wodu (Vaudou), ein afrikanischer Götze, bes. im Königreich Whida hochverehrt u. mit den Negern auch nach Hayti gekommen. Er wird unter der Gestalt einer in einem Kasten liegenden ungiftigen Schlange als allsehend, allwissend u. allmächtig verehrt, u. bei seinem Cultus besorgen ein von den Gläubigen gewählter Oberpriester (König, Herr, Vater) u. eine von diesem cooptirte Oberpriesterin (Königin, Herrin, Mutter) die Ceremonien. Die Gläubigen bilden einen Geheimbund, ebenfalls Wodu genannt, u. sind in verschiedene Grade eingetheilt. Das Geheimniß wird streng bewahrt u. die Eingeweiheten sind durch einen fürchterlichen Eid dazu verbunden. Die Woduversammlungen geschehen an einem geheimen, abgelegenen Orte; dabei wird zuerst der Kasten mit dem W. angebetet u. der Eid der Verschwiegenheit erneuert; darauf die Orakel von W. erbeten, welche die Königin, auf den Kasten gestiegen u. in Zittern u. Zucken gerathen, gibt. Dann werden die Opfer gebracht, welche das Vermögen des Bundes bilden. Am Ende wird der Eid der Verschwiegenheit wieder geleistet u. dann beginnt die Aufnahme neuer Mitglieder, wenn der vorher deshalb befragte W. nichts gegen dieselben einzuwenden hat. Dabei führt der König den Initianden in einen Kreis u. gibt demselben ein Päcktchen mit allerlei Kräutern, Haaren, Hornstückchen, Knöchelchen in die Hand u. stimmt einen Gesang an, in welchen die ganze Versammlung einfällt, während jener zittert, tanzt u. in nervöse Aufregungen verfällt u. zuletzt den Eid leisten muß. Nun beginnt der Wodutanz der Versammlung, welchen der König anfängt u. woran alle Anwesenden theilnehmen, auch die Königin, welche mit den Schellen an den Kasten klappert. Die Tänzer gerathen dabei in Convulsionen u. lachen, heulen, schluchzen, manche fallen in Ohnmacht u. werden abseits gebracht, wo sich dann allerhand unsittliche Auftritte ereignen. Petion u. Boyer hatten sich bemüht diesen Woducultus auf Hayti in Abgang zu bringen, aber unter Soulouque (Faustin), welcher selbst Mitglied des Geheimbundes war, ging er wieder sehr im Schwange.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 315.
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