Arbeiter

[195] Arbeiter (workmen; ouvriers; operai). A. Begriff. Unter A. versteht man im allgemeinen diejenigen Personen, die mit der Kraft ihres Körpers nach Weisung und Anleitung anderer eine Tätigkeit ausüben, gleichviel ob sie für diese Tätigkeit eine besondere handwerksmäßige Geschicklichkeit und Erfahrung erworben haben (Handwerker) oder nicht (Handarbeiter). Der A. steht hiernach im Gegensatz zu den leitenden und beaufsichtigenden Personen, die man Beamte zu nennen pflegt und die im allgemeinen keine unmittelbar produktive Tätigkeit ausüben. Im Staatsdienst, als welcher sich der Eisenbahndienst infolge der mehr und mehr zunehmenden Verstaatlichung der Eisenbahnen der Hauptsache nach darstellt, haben die Begriffe A. und Beamte allmählich einen anderen Inhalt bekommen. Wenngleich auch im großen und ganzen die A. in einer oben begrifflich als Arbeitertätigkeit bezeichneten Beschäftigung verwendet werden, so ist das doch nicht das entscheidende Merkmal[195] dafür, ob jemand A. oder Beamter ist. Sowohl üben A. Beamtentätigkeit, als auch Beamte Arbeitertätigkeit aus. Das unterscheidende Merkmal ist jetzt vielmehr die Art des Anstellungsverhältnisses geworden. Es kommt darauf an, ob jemand als A. angenommen oder als Beamter angestellt wird. Der Arbeitsvertrag ist stets ein rein privatrechtlicher Akt, während die Anstellung als Beamter zwar nicht notwendig, aber in der Regel ein öffentlich rechtlicher Akt ist, der ein Rechtsverhältnis schafft, für das, ohne daß es hierzu vertraglicher Abmachungen bedürfte, eine Reihe von gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen ohneweiters und unabänderlich maßgebend sind. Die Bedingungen des Arbeiterverhältnisses werden dagegen allein durch den Inhalt des mit dem einzelnen A. geschlossenen Dienstvertrages bestimmt. Inhaltlich unterscheidet sich das Rechtsverhältnis des A. von demjenigen des Beamten in der Regel dadurch, daß der A. nur für die Zeit Entgelt bezieht, während der er Arbeit leistet und daß dieses Entgelt, Lohn genannt, nach Einheiten für kurze Zeiträume (Stundenlöhne, Taglöhne) bemessen wird. Demgegenüber wird das Entgelt für die Tätigkeit des Beamten, Gehalt genannt, ohne Rücksicht darauf gezahlt, ob der Beamte Dienste leistet oder daran verhindert ist. Es wird nach Einheiten für größere Zeiträume, in der Regel nach dem Jahresbetrage festgesetzt. Auch hinsichtlich der Dauer und der Beendigung des Dienstverhältnisses bestehen Unterschiede. Der A. wird entweder nur für eine bestimmte Zeit oder für unbestimmte Zeit mit der Maßgabe angenommen, daß jede Partei das Dienstverhältnis mit kurzer Frist, die in der Regel auf 14 Tage bemessen ist, aufkündigen kann. Der Beamte wird niemals nur für eine im voraus bestimmte Zeit angenommen. Vielfach werden die Beamten auf Lebenszeit angestellt, soweit dies nicht geschieht, ist die Kündigungsfrist größer als die der A. Das Ausscheiden der A. findet stets, auch wenn Erwerbsunfähigkeit die Ursache ist, durch Auflösung des Arbeitsvertrages statt. Das Ausscheiden der Beamten vollzieht sich vielfach in besonderen Formen und in förmlichem Verfahren (Disziplinarverfahren). Ist Dienstunfähigkeit der Grund, so tritt nicht Entlassung, sondern Versetzung in den Ruhestand ein. In diesem Fall hat der Beamte, der eine gewisse Beamtendienstzeit zurückgelegt hat, Anspruch auf ein Ruhegehalt, das sich nach der Zahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre und dem zuletzt bezogenen Diensteinkommen bemißt. Soweit Invaliditäts- und Altersversicherung für Arbeiter besteht, erhält zwar auch der erwerbsunfähige A. eine Rente oder Pension. Die Bemessung dieser richtet sich aber nicht nach der Dienstzeit und dem zuletzt bezogenen Lohn, sondern nach der Zahl und der Höhe der zu der Kasse entrichteten Beiträge.

Besteht sonach ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Stellung eines A. und der eines Beamten, so wird dieser in der Bezeichnung der einzelnen Persönlichkeiten doch nicht streng aufrecht erhalten. Werden A. dauernd in solchen Beschäftigungen verwendet, die in der Regel von Beamten versehen werden, so pflegen sie als Hilfsbeamte (auch Gehilfen) bezeichnet zu werden. Diese Hilfsbeamten (z.B. Hilfsbahnwärter, Hilfsbremser, Hilfsheizer u.s.w.) sind aber ihrer Anstellung nach nichtsdestoweniger A. Die Herausbildung des Arbeiter- und des Beamtenbegriffs im dienstpragmatischen Sinne, die wesentlich durch die moderne Arbeiterversicherungs-Gesetzgebung beeinflußt wurde, beansprucht nun aber keine allgemeine und gleichmäßige Gültigkeit für alle Rechtsgebiete. Insbesondere faßt das Strafgesetz den Beamtenbegriff wesentlich weiter. Im Sinne des Strafgesetzes, das die von der Persönlichkeit ausgeübte Tätigkeit entscheidend mit berücksichtigt und im übrigen den Beamtenbegriff außerordentlich weit faßt, sind A. vielfach als Beamte anzusprechen, insbesondere können sie Bahnpolizeibeamte sein.

B. Einteilung der A. Der Einteilung des Eisenbahndienstes in Bahnbau und Bahnunterhaltung, Betriebs- und Verkehrsdienst und Unterhaltung der Fahrzeuge entspricht auch die Einteilung der A. in Bahnunterhaltungsarbeiter, Betriebs- und Verkehrsarbeiter und Werkstättenarbeiter. Handwerksmäßiger Vorbildung bedarf nur die Mehrzahl der Werkstättenarbeiter und ein geringer Teil der Bahnunterhaltungsarbeiter, alle übrigen sind Handarbeiter.

C. Umfang der einzelnen Dienstzweige.

1. Bahnbau und -unterhaltung. Während die Bahnunterhaltung grundsätzlich von den Eisenbahnverwaltungen in Regie ausgeführt zu werden pflegt, wird der Neubau in der Regel an Unternehmer vergeben. Die Neubauarbeiter sind daher in der Regel keine Eisenbahnarbeiter im engeren Sinne. Sie stehen im Abhängigkeits- und Vertragsverhältnis nur zu dem Unternehmer. Indessen finden auch auf sie diejenigen gesetzlichen Bestimmungen Anwendung, die für die Annahme und Beschäftigung von Eisenbahnarbeitern erlassen sind. In dieser Beziehung ist zu nennen die preußische Verordnung vom 21. Dezember 1846 (erweitert durch Verordnung vom 19. August 1867).

Hiernach darf die Annahme von A. nur durch einen von der Polizeibehörde beeidigten[196] Aufsichtsbeamten geschehen und wird jeder A. vor der Abnahme mit einer Arbeitskarte versehen, die eine Anleitung zur Arbeit, die Rechte und Pflichten der Schachtmeister und Bauaufseher und alle von den A. zu beachtenden Vorsichtsmaßregeln bei Erd-, Fels- und Sprengarbeiten enthält. Die Annahme darf erst nach Vorlage der Legitimationspapiere erfolgen, und dürfen männliche A. nur wenn sie über 17 Jahre alt sind, Frauen nur ausnahmsweise und mit Genehmigung der Ortspolizeibehörde angenommen werden. Auf Antrag der letzteren muß jeder A. entlassen werden. Im § 9 der zitierten Verordnung finden sich auch noch besondere Vorschriften über Lohnzahlung und Beaufsichtigung der A. An die preußische Verordnung schließt sich die sächsische Verordnung vom 10. November 1868 (ergänzt durch Verordnung vom 31. Dezember 1873) an. In Bayern haben die Eisenbahnunternehmer die Verpflichtung, für entsprechende Unterbringung der A. und Verpflegung erkrankter und verunglückter A. Sorge zu tragen, und die Kosten für außerordentliche polizeiliche Aufsicht zu übernehmen, und muß der Unternehmer auch die einer Gemeinde infolge Erkrankung oder Verunglückung von Eisenbahnarbeitern etwa erwachsenden Kosten ersetzen. Ähnliche Bestimmungen bestehen auch in Österreich.

Mit dem Bahnunterhaltungsdienst ist der Bahnbewachungsdienst vereinigt. Während der erstere von Arbeitergruppen (Rotten oder Kolonnen) unter der Leitung eines Beamten (Rottenführers) oder Vorarbeiters ausgeführt wird, wird die Bewachung der Bahnanlagen und der Schranken von einzelnen Personen bewirkt, die als Beamte Bahnwärter oder Schrankenwärter heißen. Wenn Arbeiter dazu ständig verwendet werden, pflegt man sie Hilfsbahnwärter oder Hilfsschrankenwärter zu nennen. Der Bewachungs- und Unterhaltungsdienst mit dem dazu erforderlichen Beamten- und Arbeiterpersonal ist streckenweise einem Beamten, dem Bahnmeister, unterstellt, der mithin der unmittelbare Vorgesetzte aller Bahnunterhaltungsarbeiter auf dieser Strecke ist.

2. Betriebsdienst. Der Betriebsdienst umfaßt die gesamte Tätigkeit, die nötig ist, um den Zugverkehr auf der Bahn vorzubereiten, auszuführen und zu sichern. Neben dem Lokomotiv- und Fahrdienst fällt somit darunter der Rangier- öder Verschiebedienst, der Weichen- und Signaldienst, der Stations- und Telegraphendienst und der Magazins- und Betriebsmaterialien-Verwaltungsdienst. Die in diesen Dienstzweigen beschäftigten A. nennt man Betriebsarbeiter. In Österreich werden vorstehend angeführte Dienstesobliegenheiten als »Verkehrsdienst«, die im nachstehenden unter 3 aufgezählten dagegen als »Abfertigungsdienst« bezeichnet.

3. Verkehrsdienst. Vielfach wird zwischen Verkehrs- und Betriebsdienst nicht scharf unterschieden und der Verkehrsdienst in den Begriff des Betriebsdienstes eingeschlossen. Tatsächlich handelt es sich hier aber um eine begrifflich anders geartete Tätigkeit. In neuerer Zeit hat man den Begriff des Verkehrsdienstes schärfer erfaßt und nennt demgemäß die Verordnungen, die die Rechtsgrundlage für den Transportvertrag bilden, nicht mehr Betriebsreglement, sondern Verkehrsordnung oder Transportreglement. Unter Verkehrsdienst ist die Tätigkeit zu verstehen, die sich auf die Behandlung der auf der Bahn zu befördernden Personen und Güter erstreckt. Der wesentlichste Teil des Verkehrsdienstes ist sonach der Abfertigungsdienst: Verkauf der Fahrkarten, Abfertigung des Reisegepäcks, Annahme und Auslieferung der Güter. Aber auch die Behandlung von Personen und Gütern unterwegs fällt unter diesen Begriff: Schaffnerdienst, Verladung und Entladung von Reisegepäck und Gütern. Die A. des Verkehrsdienstes sind der Hauptsache nach die Gepäckträger und die Güterbodenarbeiter.

4. Werkstättendienst. Während die Eisenbahnverwaltungen ihre Fahrzeuge, also Lokomotiven und Wagen, in der Regel von Unternehmern anfertigen lassen, betreiben sie deren Unterhaltung grundsätzlich selbst. Dadurch entsteht ein besonderer Dienstzweig, der Werkstättendienst. Der Natur der Sache nach erfordert die Untersuchung und Reparatur der Lokomotiven und Wagen handwerksmäßige Vorbildung. Demgemäß besteht die überwiegende Zahl der Werkstättenarbeiter aus Handwerkern. Bei dem Vorwiegen der Bedeutung der Metallteile an den Fahrzeugen machen die Schlosser die größte Zahl aus, aber auch eine Reihe anderer Facharbeiter, wie Schmiede, Kupferschmiede, Former, Dreher, Bohrer, Hobler, Zimmerleute, Stellmacher, Tischler, Drechsler, Maler, Lackierer, Sattler und Tapezierer müssen in jeder Werkstätte vorhanden sein.

Wenn auch nicht unter die Werkstätten zu rechnen, haben die Gas- und Lichtanstalten der Eisenbahnen doch mit den Werkstätten das gemein, daß ihre Tätigkeit dem Betriebsdienst nicht zuzurechnen ist, wenn auch das Produkt ihrer Tätigkeit für den Betrieb nicht entbehrt werden kann. Diese Anstalten werden daher zweckmäßig an dieser Stelle erwähnt. Die Beschäftigung der A. in diesen Anstalten beschränkt sich der Hauptsache nach auf einfache Handarbeit, wie Heranschaffen der Materialien,[197] Heizen der Kessel, Beseitigung von Schlacken und Asche u. dgl.

D. Eisenbahnarbeiter und Gewerbeordnung. Die Gewerbeordnung, die eine Reihe von Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der gewerblichen A., über ihre Beschäftigung und Sicherung im Gewerbebetriebe enthält, findet weder in Deutschland noch in Österreich auf den Gewerbebetrieb der Eisenbahnunternehmungen Anwendung. Der Begriff des Gewerbebetriebes hat hier zu Zweifeln Anlaß gegeben. Zwar ist nie Streit darüber gewesen, daß der Betriebs-, der Verkehrs- und der Bahnbewachungs- und Unterhaltungsdienst zum Gewerbebetrieb der Eisenbahn gehören, dagegen ist vielfach in Theorie und Praxis die Auffassung vertreten, daß die sog. Nebenbetriebe, also die Werkstätten, Gas- u.ä. Anstalten keinen notwendigen Bestandteil des Eisenbahnbetriebes bilden, da die Reparatur der Wagen auch von Unternehmern bewirkt, Gas und Licht von anderen bezogen werden könne. Die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs hat aber im Lauf der Jahre diese Anschauung korrigiert. In der Tat ist ein geordneter Eisenbahnbetrieb heutzutage ohne einen wohlgeordneten und umfassenden Werkstättenbetrieb, der für die dauernde Betriebssicherheit der Fahrzeuge und für ihre schleunige Wiederherstellung und Rückgabe an den Betriebsdienst sorgt, wohl nicht denkbar. Dementsprechend geht in den letzten Jahren die konstante Rechtsprechung höchster Gerichtshöfe dahin, alle sog. Nebenbetriebe als unter den Gewerbebetrieb der Eisenbahnunternehmungen fallend und demgemäß die Gewerbeordnung auf sämtliche Eisenbahnarbeiter für nicht anwendbar zu erklären. Damit entfällt die Anwendung aller Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Regelung der Arbeitsbedingungen, über die Beschäftigung jugendlicher und weiblicher Personen, über die Sicherung von Leben und Gesundheit der A. sowie über die Beaufsichtigung der Arbeitsstätten durch die Gewerbeaufsichtsbeamten in bezug auf die Beobachtung dieser Bestimmungen. Endlich ist auch das aus der Gewerbeordnung hergeleitete Recht auf Arbeitseinstellung und auf Verabredungen und Vereinigungen zu diesem Zweck von keinem Eisenbahnarbeiter in Anspruch zu nehmen. Wenngleich sonach die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung auch auf den Werkstättenbetrieb zu verneinen ist, richten sich dennoch die Eisenbahn Verwaltungen, die Staatseisenbahnverwaltungen an der Spitze, nach dem Inhalt der darin zu gunsten der A. in bezug auf Arbeitsbedingungen, Sicherung und Fürsorge getroffenen Bestimmungen, so daß von einer sachlichen Schlechterstellung der Eisenbahnarbeiter gegenüber anderen gewerblichen A. nicht gesprochen werden kann.

E. Arbeiterlöhnung. Die A. werden nach verschiedenen Systemen gelöhnt. Entweder wird die Arbeitszeit zur Grundlage für die Lohnhöhe genommen: Zeitlohn (Taglohn, Stundenlohn); oder es wird die geleistete Arbeitsmenge bezahlt: Stücklohn (Akkordlohn, s.d.). Daneben findet noch eine Verbindung beider Systeme Anwendung, indem der A. einen festen Zeitlohn bezieht, aber beim Überschreiten einer gewissen Arbeitsleistung daneben für die Mehrleistung noch eine besondere Vergütung erhält: Prämiensystem. Dem Stücklohn- und dem Prämiensystem liegt der Gedanke zu gründe, daß einmal die Interessen der Verwaltung dabei in vollem Maße gewahrt werden und sodann, daß der A. von der Ausnutzung seiner besonderen Geschicklichkeit und. Leistungsfähigkeit sowie von seinem Fleiß gegenüber minder tüchtigen Mitarbeitern Vorteil hat. Die Anwendbarkeit dieser Systeme ist aber beschränkt auf die Fälle gleichmäßiger oder doch ähnlicher und fortlaufender Arbeit. Solche Arbeit kommt im eigentlichen Betriebsdienst gar nicht, im Bahnunterhaltungsdienst nur ausnahmsweise vor. Im Verkehrsdienst ist sie häufiger. Hier bildet die Behandlung der Stückgüter und teilweise auch die des Reisegepäcks häufig den Gegenstand eines Akkord- oder eines Prämienverfahrens. Besonders ausgebildet ist das Stücklohnsystem im Werkstättenbetriebe. Die wichtigsten Reparaturarbeiten wiederholen sich hier erfahrungsgemäß. Durch Feststellung der Preise für eine große Menge solcher Arbeiten wird die Anwendung des Stücklohnverfahrens in größerem Maßstab ermöglicht. Vorteile und Nachteile der verschiedenen Lohnsysteme zu erörtern, ist hier nicht der Ort. Es sei daher nur auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die in den sehr häufigen Fällen des gemeinschaftlichen Akkordes für die Verteilung des Akkordverdienstes unter den an diesem Akkord teilnehmenden A. entstehen können. An sich nimmt das Akkordsystem auf nichts als auf die geleistete Arbeit Rücksicht. Wenn mehrere A. eine Arbeit gemeinschaftlich ausführen, für die ein Gesamtstücklohn besteht, so würde es daher nur folgerichtig sein, wenn jeder Teilnehmer den gleichen Anteil bezöge. Diese Regelung kommt demgemäß auch vor. Im allgemeinen hat man aber den Grundsatz der besseren Bezahlung der älteren A., der wohl fast überall bei den Eisenbahnen besteht, auch auf die Akkordarbeiten angewendet. Hier ist für jeden A. ein Zeitlohn festgesetzt, dessen Wirkung auf den Stückverdienst eine[198] doppelte sein kann: entweder erhält jeder A. seinen Zeitlohn vorweg und der Oberverdienst wird zu gleichen Teilen verteilt, oder der Zeitlohn bildet lediglich den Maßstab für die Verteilung des Gesamtstückverdienstes. Im letzteren Falle wird der Unterschied zwischen den Bezügen der einzelnen Akkordteilnehmer größer als im ersten. In beiden Fällen aber erlangt der Unterschied zwischen den Zeitlohnsätzen der Akkordteilnehmer für den Lohnbezug des einzelnen eine Bedeutung, die dazu nötigt, schon bei der Zusammensetzung der einzelnen Akkordkolonnen hierauf Rücksicht zu nehmen.

F. Arbeiterfürsorge und Wohlfahrtseinrichtungen. Soweit die Fürsorge bei Krankheit, Erwerbsbeschränkung durch Unfall und im Falle der Invalidität und hohen Alters gesetzlich geregelt ist, handelt es sich um Arbeiterversicherung (s.d.). Über die durch Gesetz vorgeschriebenen Leistungen hinaus wenden die Eisenbahnverwaltungen aber noch vielfach eine besondere Fürsorge zu. Hier sind insbesondere zu nennen: Zusatzkassen zu den Krankenkassen. Für den Bereich der Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft und der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen besteht eine solche Kasse (Verbandskrankenkasse), die es ermöglicht, daß der Versicherte bei Krankheit seinen vollen Lohn als Krankengeld weiter bezieht. Ferner bestehen Pensionskassen, die ihren Mitgliedern eine Zusatzrente zu der gesetzlichen Invaliditätsrente gewähren. In Preußen, Sachsen, Bayern und Elsaß-Lothringen bestehen solche Einrichtungen, die, als Zwangskassen eingerichtet, nicht nur den Mitgliedern eine Zusatzrente zahlen, sondern auch Sterbegelder und den Witwen und Waisen der Mitglieder Hinterbliebenenbezüge gewähren. Neben dieser Fürsorge für die Fälle von Krankheit, Erwerbsunfähigkeit oder Tod kommen den A. vor allem bei den deutschen und österreichischen Staatsbahnen noch mancherlei Wohlfahrtseinrichtungen zu gute. Durch Errichtung gesunder Wohnungen zu billigem Mietzins oder von Ledigenheimen für Unverheiratete sowie durch Gewährung von Darlehen zu Eigenhäusern wird auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge mancherlei Gutes gewirkt. Durch Belohnungen für längere Dienstzeit wird ein Ansporn zu treuer Pflichterfüllung gegeben. Unterstützungsfonds sind für die Fälle von Not und außergewöhnliche Ereignisse bereitgestellt. Aufenthaltsräume mit Einrichtungen zum Kochen und Wärmen der Speisen bieten Schutz gegen die Unbilden der Witterung in Dienstpausen. Schutzkleider gegen Kälte, Nässe und für besondere Arbeitsleistungen werden von den Verwaltungen geliefert. Bei dem weit verbreiteten Verbot des Alkoholgenusses im Dienst endlich wird den A. durch Vorhaltung billiger erwärmender (Kaffee, Tee, Milch) oder kühlender Getränke (Selterwasser und Limonade) die Möglichkeit zur Erfrischung geboten.

Leese.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 195-199.
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