Klaue

1. An den Klauen erkennt man den Löwen (Vogel).Eiselein, 434.

»Bedarf es denn immer der Klaue, dass man den Löwen erkenne? Auch nur eine Flechte seiner Mähne ist oft genug.« (Börne, Gesammelte Schriften, Hamburg 1840, V, 78.) Wird meist ironisch gebraucht, soll aber, nach Lucian, dem Phidias seine Entstehung verdanken, von dem man erzählt, er sei im Stande gewesen, nach der Klaue eines Löwen die allen Theilen proportionirte Gestalt eines Löwen zu fertigen.

Frz.: A l'ongle on connaît le lion. (Bohn I, 3; Recueil, 4; Kritzinger, 419b; Lendroy, 1356.) – On connaît le cerf à ses abattures.

Holl.: Naar den klaauw moet het beest wezen. – Uit den klaauw kent men den leeuw. (Harrebomée, I, 409b.)

Lat.: Ex ungue leonem. (Binder II, 187; Egeria, 65.) – Leonem ex unguibus aestimare. (Eiselein, 434; Faselius, 80.)


2. An den Klauen erkennt man wol den Löwen, aber die Klauen allein machen ihn nicht.


3. Die Klauen thun's nicht, sonst holte das Faulthier die Katze ein.


*4. An den Klauen saugen.

Frz.: Il ronge son râtelier. (Kritzinger, 535.)


*5. Das ist die Klaue des Löwen.

Das verräth den Meister, kommt von Meisterhand, ist ein Meistergedanke.


[1369] *6. Die Klauen hervorlassen.

Sich in seiner wahren Gestalt zeigen.


*7. Einem die Klauen weisen (zeigen).

»Aber diss hat nicht lang gewähret, dass er die Klauen nicht hätte gezeigt.« (Gottfr., 314b.)


*8. Einem unter die Klauen gerathen.

Frz.: Être sous la griffe de quelqu'un. (Kritzinger, 360b.) – Tomber sous la coupe de quelqu'un. (Kritzinger, 180b.)

Holl.: Ik ben onder zijne klaauwen. (Harrebomée, I, 409b.)


*9. Er mag an den Klauen saugen.

Wenn man jemand die Unterstützung entzieht und ihm überlässt, für sich selbst zu sorgen.

Frz.: S'il n'a pas de quoi qu'il en gratte. (Kritzinger, 358a.)


*10. Hei hew Kloaem as en Bar. (Westf.)


*11. Scharfe Klauen haben.

Frz.: Il a des épingles au bout de ses manches. (Kritzinger, 283a.)


*12. Wart, wenn du mir einmal unter die Klauen kommst. (Ulm.)


*13. Was er einmal in den Klauen hat, bekommt man nicht wieder heraus (oder: lässt er nicht fahren).

In Pommern: Wat he in de Klaujen het, hält he fast. (Dähnert, 233b.)

Frz.: Il tient bien ce qu'il tient. (Lendroy, 1413.)

Holl.: Het is niet uit zijne klaauwen to krijgen. (Harrebomée, I, 409b.)

Span.: Riñen las comadres y dícense las verdades. (Bohn I, 254.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 1369-1370.
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