1. Lucia macht die längste Nacht; die längste Tageszeit hat Junius um Sanct-Veit, September und Martius halb verbracht, die machen uns gleich lang den Tag und die Nacht. – Orakel, 954.
2. Luzen (23./25. Dec.) macht den Tag stutzen. – Blum, 299; Oec. rur., 110; Orakel, 963; Simrock, 6706; Petri, II, 516; Boebel, 55.
Das Fest der heiligen Lucia (13. Dec.), welches nach dem alten Kalender auf den 25. des jetzigen fällt, wird im Volksmunde noch immer zur Bezeichnung des kürzesten Tags gebraucht. Der Tag, welcher bis dahin gleichsam bergunter lief, stutzte sozusagen und fing an den Weg zurückzunehmen.
Engl.: Lucy light, the shortest day and the longest night. (Bohn II, 38; Orakel, 957.)
It.: Santa Lucia la notte più longa che sia. (Orakel, 955; Reinsberg VIII, 927.)
[246] 3. Sünter Lucigge gät (gehen) dai Dage to digge1. (Arnsberg.) – Firmenich, I, 351, 3.
1) Die Tage gedeihen, nehmen zu. – Auch andere Völker lassen von Sanct-Lucia an die Nacht ab- und die Tage bereits wieder zunehmen. Die Spanier sagen: Sanct-Lucia nimmt ab die Nacht und wächst der Tag. Die Czechen: Heilige Lucia trinkt die Nächte ab. Oder: Am Tag der heiligen Lucie trinkt sie schon die Nächte ab. Die Franzosen: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs. Nach Ansicht der Toscaner wächst der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnschritt. In der Picardie: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs, an Sanct-Thomas um den Schritt eines Pferdes. (Orakel, 456-460.) In Venetien: Von Sanct- Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphania um ein Stündchen. In Portugal glaubt man: Von Sanct-Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um eine Spanne. (Orakel, 962.) Auf Sardinien: um den Schritt eines Küchleins. (Orakel, 961.) Auf Sicilien heisst es: Von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hundeschritt; von Weihnacht bis Neujahr um einen Menschenschritt. (Reinsberg VIII, 97 u. 199.) In Venedig verlängert sich der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphanias um ein Brevierchen. Der Tag wird aber auch an verschiedenen Orten zur Bestimmung der Witterung benutzt. In Sardinien bestimmt man nach der Witterung des Lucientags die des Christtags; man sagt: Lucia hell, Weihnacht dunkel (mit Schnee); Lucia mit Schnee, Weihnacht klar. In Oberitalien hält man den Tag für empfindlich kalt. In Mailand heisst es in dieser Beziehung: An Sanct-Lucia beisst die Kälte. (Orakel, 963-966.) In Venetien: An Sanct-Lucia martert die Kälte.
4. Wenn Luciä die Gans geht im Dreck, so geht sie am Christtag auf Eis. – Boebel, 55.
5. An Sanct Lucia ist der Abend dem Morgen nah.
Die Tage sind da am kürzesten, der Abend grenzt an den Morgen.
Dän.: Dagen er kan to stumpede ender; er som stumpede lys, der har kan øjne og ender.
6. Kommt die heilige Lucia, findet sie schon Kälte da.
It.: La Santa Lucia il freddo crucia. (Giani, 927.)
7. Von Sanct Lucia bis zur heiligen Nacht, der Tag sich um einen Hahnenschritt grösser macht.
It.: Da Santa Lucia a natal s' allunga (la giornata) d' un piè di gal (gallo). (Giani, 928.)