Arnold [2]

[124] Arnold (Joh.), ein Müller, der Besitzer der sogenannten pommerziger Krebsmühle in der Neumark, wurde geschichtlich bekannt durch einen Proceß, in welchen Friedrich der Große auf eine Art und Weise eingriff, die, obwol er sich täuschte, ihm dennoch Ehre macht. A. hatte nämlich von seiner Mühle einem Grafen von Schmettau Erbzins zu zahlen; als er seit 1773 diesen abzutragen unterließ und sein Gutsherr deshalb klagbar geworden war, ließ die Regierung zu Küstrin, da A. durchaus die Entrichtung des Erbzinses verweigerte, im J. 1777 die Mühle verkaufen. Jetzt klagte nun A. gegen den damaligen Landrath von Gersdorf, der ihm durch einen Graben, den er in einen Teich gezogen, das Wasser genommen haben sollte. Durch Abhörung mehrer Zeugen jedoch und namentlich durch den Umstand, daß eine ganz in der Nähe der pommerziger befindliche Mühle auch nach jener Grabenziehung, wenn überhaupt Wasser genug da war, ungestört ihren Fortgang hatte, ward der Ungrund der Angaben A.'s erhärtet und derselbe endlich vom Kammergericht zu Berlin mit seiner Klage ganz abgewiesen. Da sich A. hierbei nicht beruhigte, so wendete er sich 1779 unmittelbar an den König, den er während des siebenjährigen Krieges, als Bote, persönlich kennen gelernt und später einige Male wieder gesehen hatte. Dieser, durch die Darstellung A.'s getäuscht, fand das Verfahren ungerecht und glaubte, als der Obrist von Heucking, dem er die Untersuchung der Umstände an Ort und Stelle übertragen hatte, die Klage des Müllers, daß man ihm das Wasser abgeleitet habe, bestätigte, nicht mehr daran zweifeln zu können, daß durch die Gerichtshöfe zu Gunsten eines Edelmanns das Recht verletzt worden sei. In dieser vorgefaßten Meinung entließ er am 11. Dec. 1779 den Großcanzler von Fürst seiner Dienste; die Kammergerichtsräthe aber sowie die Regierungsräthe zu Küstrin wurden sofort ins Gefängniß zu Berlin gebracht und ein von dem Könige selbst in dieser Beziehung einem der Cabinetsräthe dictirtes Protocoll durch die Zeitungen bekannt gemacht. Das Verfahren der Verhafteten auf das Strengste zu untersuchen, ward der Chef des Criminaldepartements, Minister von Zedtlitz, beauftragt. Doch die Untersuchung gewährte das einstimmige Ergebniß, daß weder die Regierungsräthe zu Küstrin noch die Kammergerichtsräthe zu Berlin sich eines Fehlers schuldig gemacht hätten und daß durchaus kein Verdacht der Parteilichkeit auf sie falle. Der König aber erkannte auch in diesem Erkenntniß nur das Bestreben der richterlichen Behörden, sich einander beizustehen, verwarf dasselbe und beschloß am 1. Jan. 1780 eigenmächtig, daß drei küstrin'sche Regierungsräthe, zwei Kammergerichtsräthe und ein Justitiarius, der in dieser Sache zu thun gehabt hatte, ihrer Stellen entsetzt und auf ein Jahr mit Festungsstrafe belegt würden und daß theils diese, theils der Landrath von Gersdorf den Müller A. entschädigen sollten. Die Verurtheilten wurden sofort nach Spandau abgeführt und der Präsident der neumärkischen Regierung, Graf von Finkenstein, seiner Stelle entsetzt. Daß der König später seinen Irrthum eingesehen habe, ist sehr wahrscheinlich, zumal da der Obrist von Heucking ihm gestanden haben soll, daß die ihm aufgetragene Localuntersuchung von seinem Auditeur aus Rache gegen die Regierung zu Küstrin, die ihn früher wegen schlechten Benehmens als Advocat cassirt hatte, in einem gehässigen Lichte dargestellt worden sei. Soviel ist gewiß, daß die Verurtheilten schon im Sept. 1780 ihre Freiheit wieder erhielten und daß A. nicht von ihnen und dem Landrathe von Gersdorf, sondern durch den König selbst entschädigt wurde. Eine förmliche Zurücknahme des Strafurtheils aber erfolgte erst nach Friedrich's des Großen Tode, unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II. am 14. Nov. 1786. – Die wichtigste Folge dieser an und für sich kleinen Begebenheit war die Ausarbeitung eines bessern Gesetzbuchs für die preuß. Staaten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 124.
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