[171] Bajadēren nennen die Europäer nach dem Vorgange der Portugiesen diejenigen jungen Mädchen in Ostindien, welche schon von zarter Jugend an in Tanz, Musik, Aufführung kleiner Stücke und buhlerischen Künsten von ihren alt gewordenen Schwestern unterrichtet werden, um mit diesen verführerischen Fertigkeiten die religiösen Festlichkeiten in den Götzentempeln und die Gelage der Vornehmen und Reichen zu zieren. Körperschönheit wird als Haupteigenschaft der Bajaderen betrachtet, und zu deren Erhaltung werden ihnen gewöhnlich die Blattern eingeimpft. Es gibt verschiedene Classen derselben. Die geachtetsten gehören zu den Tempeln der Hauptgottheiten, wohnen darin und werden meist [171] auch dort erzogen; die andern ziehen unter Anführung ihrer Lehrmeisterinnen im Lande umher und geben ihre Künste zum Besten, wo sie begehrt und belohnt werden. Ihr Anzug besteht aus einem seidenen Leibchen mit Halbärmeln, enganliegenden seidenen gestreiften Beinkleidern und einem durchsichtigen Musselinrocke. Alle unverhüllte Theile des Körpers werden goldgelb geschminkt und um die Augen große schwarze Ringe gemalt. Das gesalbte dunkle Haar hängt ihnen in einer langen Flechte bis über die Hüften herab und ist mit Goldplättchen geziert. Mit Blumengewinden, goldenen Ketten, oft auch kostbaren Edelsteinen zieren sie Brust und Hals und goldene Ringe tragen sie an den Ohren, an der Nase und an Armen und Füßen. Mit hoher Grazie geschehen alle ihre Bewegungen, sodaß der Anstand durchaus nie verletzt wird, und ihr Gewerbe gilt in Ostindien durchaus nicht für unsittlich.