Baum

[200] Baum ist ein viele Jahre dauerndes Gewächs mit holzigen Wurzeln, holzigem einfachen Stamme, der sich in größerer oder geringerer Höhe in Äste und Zweige theilt oder wie an den Palmen einfach bleibt und durch den sich Bäume von Sträuchern unterscheiden, die von der Wurzel aus gleich mehre oder wenigstens von unten auf mit Zweigen besetzte Stämme treiben. Beide Gewächsarten stehen sich aber so nahe, daß sie ineinander übergehen und Bäume unter gewissen Einwirkungen der Natur oder Kunst zu Sträuchern, sowie Sträucher zu Bäumen werden, wie z.B. die hochstämmigen Rosen. Am innern Bau der Bäume sind zwei Hauptverschiedenheiten in der Anordnung der einzelnen Theile zu bemerken, welche z.B. bei den Palmen in verschiedenen Richtungen neben- und durcheinander liegend, nur nicht wie bei unsern gewöhnlichen Bäumen, in einander ringförmig umschließenden Schichten den Stamm bilden. Der Mittelpunkt des letztern ist das Mark, welches bei ältern Bäumen oft in das festeste sogenannte Kernholz übergeht, zuweilen auch durch Hohlwerden ganz verschwindet. Das Mark wird zunächst vom eigentlichen Holze, dieses vom Splint oder dem weichern jungen Holze, der Splint vom Baste, dieser von der Rinde und der ganze Stamm endlich von einem seinen Überzuge umschlossen, der an jungen Stämmen und Zweigen grün aussieht, durch Verhärtung grau und braun wird und sich an manchen Bäumen zu Kork (s.d.) verdickt. Der aus nebeneinander liegenden Saftröhren bestehende Bast vermittelt das Auf- und Absteigen der Säfte, die bei uns im Frühjahr und zur Zeit des sogenannten zweiten Triebes, im Jul. und Anfangs August zwischen Bast und Splint die verdickten Theile absetzen, welche sich zuerst in Splint und durch weitere Verhärtung in Holz verwandeln. Auf diesem Wege entstehen die an quer durchgeschnittenen Stämmen und Zweigen sichtbaren Ringe, welche man Jahresringe nennt, weil sich nach ihrer Zahl das Alter eines Baumes schätzen läßt, die aber nicht überall gleich stark hervortreten und z.B. an Eschen, Erlen, Pappeln und Linden fehlen oder unmerklich sind. Unter den Gewächsen besitzen die Bäume die längste Lebensdauer und das Alter großer Affenbrotbäume ist von Naturforschern auf 5000 Jahr angeschlagen worden;[200] 800–100jährige Dauer wird auch den Eichen und Linden zugesprochen. Gewöhnlich ist mit langsamem Wachsthume der Bäume besondere Festigkeit des Holzes verbunden, wie z.B. bei der Eiche; doch gibt es auch Bäume, die schnell wachsen und doch ein sehr hartes Holz haben, wie der Ahorn. Die Größe der Bäume ist ausnehmend verschieden und während die auf den Alpen wachsende krautartige Weide, eines der kleinsten, seines Baues wegen zu den Bäumen gehörenden Gewächse, nur fingerlang wird, erreichen die Palmen eine Höhe von mehr als 200 F. Im Umfange wird der Affenbrotbaum (s.d.) von keinem andern Baume übertroffen, doch kommen ihm Cedern, Kastanien und einige andere Bäume ziemlich nahe. Unsere höchsten Waldbäume erheben ihre Gipfel nicht viel über 100 F.; doch hat man Beispiele von 150 F. hohen Eichen, die dann auch einen Umfang von mehr als 30 F. besaßen. Klima und Boden haben auf das Gedeihen der Bäume natürlich großen Einfluß und ihr Wachsthum hört z.B. in der Nähe des 71° N. Breite und auf den Alpen in Mitteleuropa bei 5000, auf dem Riesengebirge bei 3800, auf dem Brocken bei 3200 F. Höhe gänzlich auf; dagegen findet sich der kräftigste Baumwuchs in der heißen Zone, wo Bäume von 100150 F. etwas Gewöhnliches sind.

Das Gedeihen vorzüglich nutzbarer Bäume durch Wahl und Verbesserung des Bodens und andere zweckmäßige Fürsorge möglichst zu sichern, ihre geschätztesten Eigenschaften zu veredeln und überhaupt ihr möglichst vortheilhafter Anbau sind Aufgabe der Baumcultur oder Baumzucht, welche sich vorzüglich mit Erziehung der Wald- oder Forstbäume und der Obstbäume beschäftigt. Erstere werden hauptsächlich in Laubholz mit breiten, jeden Herbst abfallenden Blättern, und in Nadel-, Harz- oder Schwarzholz abgetheilt, das schmale, nadelartige, dunkelgrüne Blätter, die unregelmäßig abfallen, und harzige Säfte hat; nur der hierher gehörige Lärchenbaum verliert seine büschelförmig beisammen stehenden Nadeln alle Herbste. Die meist weitläufigen Anlagen zur Erziehung der Forstbäume bringen es von selbst mit sich, daß der Natur dabei weit mehr überlassen wird, wie bei der Erziehung der Obstbäume, welche in Baumschulen, wie die Plätze heißen, wo junge Stämme zu tragbaren Bäumen gezogen werden, einzeln der sorgfältigsten Pflege genießen. Solcher Baumschulen gibt es vorzüglich zweierlei, nämlich kleine, Stein- oder Kernschulen, wo aus Kernen junge Bäumchen erzogen werden, die man nach erlangter angemessener Ausbildung in die großen oder Pfropfschulen verpflanzt, sie hier durch Pfropfen, Oculiren, Copuliren und andere Arten der Veredlung zur Hervorbringung besserer Obstsorten geschickt macht und sie von da in Gärten und Obstpflanzungen versetzt. – Baumfrevel wird die muthwillige Beschädigung eines Baumes, vorzüglich eines Obstbaumes, genannt und es sind mit Recht sehr harte Strafen, gewöhnlich Zuchthaus und Pranger, darauf gesetzt. Der Ausdruck Baumschlag bezeichnet die jeder Baumart eigenthümliche Gestaltung der Zweige und ihrer Belaubung zusammengenommen und wird in den zeichnenden Künsten in gleichem Sinne, vorzugsweise aber von der charakteristischen Darstellung des Laubes gebraucht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 200-201.
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