[474] Corneille (Peter), der Schöpfer des franz. Trauerspiels, geb. 1606 zu Rouen, hatte sich dem Rechtsstudium gewidmet, das ihm aber der geringe Beifall, mit dem er als Advocat auftrat, verleidet hatte, als ihn der Umstand, daß er von der Geliebten eines Bekannten diesem vorgezogen wurde, zur Verfassung des satirischen Lustspiels »Melita« veranlaßte.
Der große Erfolg, mit dem dieses aufgeführt wurde, ermuthigte ihn auf diesem Wege fortzuschreiten und seine Talente bewogen den damaligen ersten Minister, Cardinal Richelieu, welcher mehre Dichter besoldete, um Lustspiele nach seinen Entwürfen auszuarbeiten, auch C. für diesen Zweck an sich zu ziehen. Dieser zog sich aber durch eigenmächtige Verbesserung eines solchen Entwurfs den Unwillen des Cardinals zu und kehrte deshalb nach Rouen zurück. Hier bekam er den Rath, sich im Trauerspiele zu versuchen und span. Mustern zu folgen, daher er Spanisch lernte und hierauf 1636 seinen »Cid« erscheinen ließ, eine Tragödie, wie die Franzosen sie noch nicht besaßen und die mit unerhörtem Beifall aufgenommen wurde. Misgunst und der über den Verlust eines so guten Gehülfen ärgerliche Richelieu weckten zwar mehre Gegner, die ihm namentlich Mangel an eigner Schöpfungskraft vorwarfen, da im Cid Mehres aus dem Spanischen übersetzt war, allein seine zunächst folgenden Stücke: »Die Horatier«, »Cinna«, »Der Tod des Pompejus« und andere, widerlegten diesen Vorwurf glänzend und erhöhten den Ruhm C.'s noch mehr, der 1647 in die franz. Akademie aufgenommen wurde. In spätern Jahren schrieb C. jedoch zu viel, daher viele der 33 von ihm gelieferten Stücke geringen Werth besitzen und keinen Beifall erhielten. Man hat ihn den Großen genannt, theils weil er in seinen Trauerspielen mehr Heldenthum als Liebe und milde Gefühle darstellte, theils zum Unterschiede von seinem Bruder Thomas C., geb. 1625, gest. 1709, der ebenfalls viel für die Bühne schrieb, ihm aber weit nachsteht. C. war ziemlich groß von Person, hatte angemessene, aber scharfgezeichnete Gesichtszüge, große Nase, schönen Mund und funkelnde Augen, hielt wenig auf sein Äußeres, besaß viel Neigung zur Schwermuth, sprach wenig und schleppend, war aber bei allem Bewußtsein seines Werthes doch nicht eitel. Trotz seines Ruhmes blieb C. beständig in beschränkten Verhältnissen, starb 1684 in Dürftigkeit und erst 1829 ward in seiner Vaterstadt daran gedacht, ihn durch ein Denkmal zu ehren.