[513] Dardanellen (die) heißen wahrscheinlich nach der alten trojanischen Stadt Dardanus in Kleinasien vier feste türk. Schlösser an der nach ihnen die Dardanellenstraße genannten, acht M. langen und höchstens eine M. breiten Meerenge, welche das ägäische Meer oder den Archipel mit dem Meere von Marmora verbindet und im Alterthume unter dem Namen Hellespont berühmt war. Sie erhielt diesen Namen vor der Helle, welche nach der Mythe auf der Flucht vor ihrer als Leukothea unter die Götter aufgenommenen, sie verfolgenden Stiefmutter Ino darin ertrank, und wird außerdem merkwürdig durch die Sage von Leander, der alle Nächte vom asiat. Ufer über die Meerenge zu seiner Geliebten Hero geschwommen sein soll, sowie durch die zwei Brücken, welche Xerxes (s.d.) während seines Feldzuges gegen Griechenland darüber schlagen ließ; das Wagstück Leander's ahmte übrigens der engl. Dichter Byron (s.d.) im März 1810 nach. Die Dardanellenstraße erhält besondere Wichtigkeit, weil sie den Seeweg nach Konstantinopel und mittels des Bosporus (s.d.) nach dem schwarzen Meere bildet. Zum Schutze des eroberten Konstantinopels ließ daher Sultan Mohammed II. baldigst die zwei nördl. oder alten Schlösser, Kilidbahr in Europa und Boghazhissar in Asien anlegen, die gegen 750 Klaftern voneinander entfernt sind und bei denen die Meerenge durch Ketten gesperrt werden sollte. Weiter nach S. wurden in der Mitte des 17. Jahrh. die sogenannten neuen Schlösser, Sedbahr in Europa und Hissar Sultani in Asien erbaut, die etwa 2000 Klaftern weit einander gegenüber liegen. Früher unterhielten die Türken diese Schlösser so schlecht, daß am 26. Jul. 1770 ein russ. Geschwader unter Admiral Elphinstone ohne Gefahr daran vorübersegeln konnte. Hierauf wurden sie zwar unter Leitung des im Gefolge der franz. Gesandtschaft nach Konstantinopel gekommenen, später im türk. Dienste angestellten ungar. Baron Tott wiederhergestellt, verfielen jedoch abermals so, daß am 19. Febr. 1807 einer engl. Flotte unter Admiral Duckworth die Durchfahrt ohne Nachtheil gelang, was jedoch am 2. März bei ihrer Rückkehr nicht der Fall war, weil unterdessen die Dardanellenschlösser eiligst in bessern Stand gesetzt worden waren, und dem engl. Admiral bei längerm Verweilen leicht die Rückfahrt hätten völlig unmöglich machen können. Das Recht der Türkei, die Dardanellenstraße für Kriegsschiffe einer andern Macht zu sperren, war von jeher anerkannt und es darf keines dieselbe ohne besondere Erlaubniß passiren; durch den mit Rußland 1833 geschlossenen Vertrag von Unkiar-Skelessi ist jedoch auch dieser Macht das Recht eingeräumt worden, die Sperrung der Dardanellen in besondern Fällen zu verlangen, was besonders die Eifersucht Englands und Frankreichs sehr angeregt hat.