[43] Finsternisse (Mond- und Sonnen-).
Es ist bekannt, daß zu gewissen Zeiten der am Himmel stehende Vollmond, welcher eine leuchtende Scheibe darstellt, ganz oder zum Theil verfinstert wird. Es entsteht an dem einen Rande ein schwarzer Fleck, der eine nach innen gehende runde Umgrenzung hat. Dieser Fleck wird immer größer, bis er endlich seine größte Ausdehnung erlangt hat, wieder kleiner wird und nun nach der andern Seite der Mondscheibe zu immer mehr verschwindet. Man nennt eine solche Himmelserscheinung eine Mondfinsterniß. Wie der Mond, so wird auf ähnliche Weise bisweilen auch die Sonne verdunkelt, bald mehr, bald weniger, welche Erscheinung dann eine Sonnenfinsterniß heißt. Durch die großen Fortschritte, welche die Astronomie gemacht, hat man die Umstände, welche diese merkwürdigen Himmelsbegebenheiten hervorbringen, mit solcher Genauigkeit kennen gelernt, daß man mit der größten Schärfe berechnen kann, wann jemals solche Finsternisse stattgefunden haben, und wann künftighin solche stattfinden wer den; ja sogar die Größe der Verfinsterung, welche Sonne oder Mond erleiden wird, kann im Voraus bestimmt werden. In diesen Erscheinungen hat man die schlagendsten Beweise gefunden für den Satz, daß die Erde eine Kugel sei, welche sich um die Sonne herumbewege, und daß die kleinere Kugel des Mondes um die Erde und mit dieser um die Sonne herumgehe. Während bei jeder Sonnen und Mondfinsterniß die ungebildeten Menschen gleich den Thieren in Unruhe gerathen, ja noch heftiger als diese von Bangen und Schrecken befallen werden, fürchtend, die Quellen des Lichts, der Wärme, des Lebens möchten für immer verlöschen, feiern wir, die wir den bewunderungswürdigen Zusammenhang der Himmelskörper erkannt haben, vielmehr bei Gelegenheit jeder dieser großartigen Erscheinungen einen Triumph des menschlichen Verstandes: denn sie tritt zu derselben Minute ein, in welcher sie vorausgesagt worden.
Wenn ein dunkler, undurchsichtiger Körper von einem leuchtenden beleuchtet wird, so wirst er nach seiner vom leuchtenden Körper abgewendeten Seite hin einen Schatten. Die Entstehung und Form dieses Schattens ist leicht erklärlich, wenn man bedenkt, daß sich das Licht geradlinig fortpflanzt und daher von dem undurchsichtigen Körper selbst abgehalten wird, nach den hinter ihm liegenden Punkten zu gelangen. Durch die Umgrenzung des beleuchteten Körpers wird mithin die Form des Schattens bestimmt. Gesetzt nun, in der nachstehenden Figur sei S die Sonne, E die viel kleinere Erde; so wird das geradlinig von der Sonne ausstrahlende Licht durch die unsichtbare Erdkugel offenbar abgehalten werden, nach den hinter ihr, hier ins ABC liegenden Punkten zu gelangen, oder die Erde wird hinter sich einen dunkeln Schatten haben, gleichsam einen Schweif von Finsterniß, der ungefähr die Gestalt eines Zuckerhuts hat. Dieser sogenannte Schattenkegel hat, wie aus der Größe der Sonne, der Erde und beider Entfernung voneinander berechnet worden, eine Länge von 186,000 M., und seine untere Fläche hat einen Durchmesser gleich dem der Erde, während er oben in eine Spitze ausläuft. Kommt nun der Mond bei seinem Umlauf um die Erde einmal gerade hinter die Erde zu stehen, so muß er (da seine Entfernung von der Erde niemals über 55,000 M. beträgt) in jenen Schattenkegel eintauchen, und da er selbst ein an sich dunkler, nur von der Sonne erleuchteter Körper ist, so wird er folglich da, wo er in den Schattenkegel eintaucht, lichtlos werden und, wenn er ganz in ihn sich einsenkt, verschwinden müssen. Dies letztere kann darum der Fall sein, weil der Durchmesser des Schattenkegels der Erde da, wo der Mond durch ihn hindurchgeht, noch beiweitem größer als der Durchmesser des Mondes ist. Sowie der Mond aus dem Schattenkegel der Erde wieder heraustritt, wird er auch wiederum sichtbar. In der vorstehenden Figur bezeichnet L und M den Mond (bei verschiedenen Abständen von der Erde, s. Mond), wie er ganz im Erdschatten darin steht, also völlig oder total verfinstert ist. Aus dem eben Gesagten folgt, daß Mondfinsternisse nur dann stattfinden können, wenn der Mond hinter der Erde steht, d.h. zur Zeit des Vollmondes. Bewegten sich Erde und Mond stets in derselben Ebene um die Sonne, so müßte bei jedem Vollmonde eine Mondfinsterniß stattfinden, allein dieses ist nicht der Fall. Der Mond kann über oder unter dem Schatten. [43] kegel der Erde weggehen und dann haben wir Vollmond ohne Verfinsterung, und wenn der Mond so hinter der Erde weggeht, daß nur sein oberer oder nur sein unterer Rand in den Schatten der Erde eintaucht, so haben wir eine theilweise oder partiale Mondfinsterniß. Der Schatten, welcher den Mond verfinstert, ist also der Schatten der Erde, und da derselbe immer rund begrenzt erscheint, die Gestalt des Schattens aber von der Form des ihn erzeugenden Körpers abhängt, so liegt darin ein Beweis von der Kugelgestalt der Erde (s.d.).
Bei der Sonnenfinsterniß fällt der Schatten des Mondes auf die Erde. Der Mond wirst hinter sich ebenso einen Schattenkegel wie die Erde. Stehen daher Sonne, Mond und Erde so gegeneinander wie nachstehende Figur andeutet, wo S die Sonne, M den Mond und E die Erde bezeichnet, d.h. steht der Mond genau zwischen Sonne und Erde, welches nur zur Zeit des Neumondes des Fall sein kann, so gibt es eine Sonnenfinsterniß. Da der Mond viel kleiner als die Erde ist, so ist auch sein Schattenkegel viel kleiner als der der Erde, und während daher der Mond durch die Erde bei einer Mondfinsterniß völlig in Schatten gestellt werden kann, wird der Mond bei einer Sonnenfinsterniß immer nur einen sehr kleinen Theil der Erdoberfläche, in unserer Zeichnung den kreisförmigen Raum vom Durchmesser A B beschatten. Nicht bei jedem Neumonde tritt der Mond genau zwischen Sonne und Erde, sondern der Schattenkegel desselben geht meist über oder unter der Erde hin, ohne sie zu treffen, und es findet daher keine Sonnenfinsterniß statt. Bei der Fortbewegung des Mondes geht der Schatten desselben über die Erde hin, und auf dieser bemerkt man den vor der Sonne vorübergehenden Mond als einen schwarzen Fleck in der Sonne daher nur an denjenigen Orten, welche der Mondschatten trifft. An einem Orte mitten zwischen A und B, wenn der Mond genau in gerader Linie mit Sonne und Erde steht, erscheint die Sonne, wie man schon aus der Abbildung entnehmen kann, hinter der dunkeln Mondscheibe so, daß sie diese wie ein strahlender Kranz umgibt. Eine solche Sonnenfinsterniß wird eine ringförmige genannt. Nur dann, wenn sich bei einer Sonnenfinsterniß die Erde gerade in ihrer größten Entfernung von der Sonne und der Mond in seiner größten Nähe bei der Erde befindet, ist der scheinbare Durchmesser des Mondes größer als der der Sonne, und die Sonne wird dann für den angegebenen Punkt völlig vom Monde bedeckt; es gibt hier eine totale Sonnenfinsterniß. Aus dem Gesagten und aus der Vergleichung der Figuren sieht man, wie die Mondfinsternisse überall auf der Erde gleichzeitig und gleichmäßig wahrgenommen werden, wo der Mond überhaupt über dem Horizonte steht, daß dagegen dieselbe Sonnenfinsterniß zu gleicher Zeit für einige Orte der Erde total oder ringförmig, für andere partial, für noch andere gar nicht sichtbar sein kann. Da der Mond sich von W. nach O. fortbewegt, so muß er mit seinem östl. Rande zuerst in den Schatten der Erde treten und jede Mondfinsterniß fängt folglich an der Ostseite des Mondes an. Jede Sonnenfinsterniß dagegen beginnt aus demselben Grunde an der Westseite der Sonne. Die partialen Finsternisse können nur auf der Nord- oder Südseite der Mond- oder der Sonnenscheibe stattfinden, indem es darauf ankommt, ob der Mond oberhalb oder unterhalb des Erdschattens oder der Sonne bei der Erde vorübergeht. Wegen der Größe des Erdschattens kann eine totale Mondfinsterniß länger als zwei Stunden währen, wogegen wegen der Kleinheit des Mondschattens eine totale Sonnenfinsterniß höchstens vier Minuten dauern kann.
Die Verfinsterungen der Sonne und des Mondes sind von eigenthümlichen Erscheinungen begleitet. So erscheint der Mond (namentlich wenn er sich in der Erdferne befindet) zuweilen während einer Mondfinsterniß in einer eigenthümlichen dunkelrothen Farbe, wogegen er andere Male so völlig verschwindet, daß man ihn selbst durch Fernrohre nicht entdeckt. Bei totalen Sonnenfinsternissen wird es auf etwas über zwei Minuten so dunkel, daß die größern Fixsterne und die hellsten Planeten sichtbar werden, aber wie durch einen Zauberschlag verscheucht der erste Sonnenstrahl diese Dunkelheit wieder. Am bequemsten kann man die Sonnenfinsternisse durch leichtes Gewölk mit bloßen Augen betrachten, weil man dann von der Sonne nicht geblendet wird, sonst bedient man sich dunkelgefärbter oder an einem Lichte berußter Gläser, eines kleinen Loches in einem Kartenblatt und dergl., um die allzuvielen Lichtstrahlen vom Auge abzuhalten und die Sonne ungeblendet betrachten zu können. Auch bei andern Planeten außer der Erde, welche Monde oder Trabanten haben, finden Finsternisse statt. So sind die Verfinsterungen der Jupitertrabanten vielfach beobachtet worden, und zwar kommen diese sehr häufig vor, weil bekanntlich vier Monde mit großer Geschwindigkeit um den Jupiter sich herumbewegen. Auch die Verfinsterungen dieser Monde kann man bis auf die Secunde berechnen, und ihre Beobachtung hat zu einer der großartigsten Entdeckungen Veranlassung gegeben (S. Licht.) Endlich könnte man als Sonnenfinsternisse auch das Vorübergehen der untern Planeten Mars und Mercur vor der Sonne betrachten, welche man, durch Rechnungen vorher den Zeitpunkt bestimmend, als kleine schwarze Flecke mit Hülfe von Fernrohren über die Sonnenscheibe weggehen sieht.
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