Gneisenau

Gneisenau

[236] Gneisenau (Aug. Neidhard, Graf von), preuß. Generalfeldmarschall, wurde zu Schildau im preuß. Regierungsbezirk Merseburg 1760 geboren, wo sein Vater als östr. Hauptmann im Winterquartiere stand.

Bei seinem Großvater, Artillerieoberst in Würzburg, erhielt G. seine erste Erziehung und studirte dann auf der Universität zu Erfurt. Er ging hierauf als Lieutenant mit anspach-baireuthischen Truppen nach Amerika, kehrte aber, da bald Friede geschlossen wurde, schon im dritten Jahre 1783 wieder zurück und trat nach einigen Jahren in preuß. Dienste. Im Jahre 1806 wurde er Major und 1807 Commandant von Kolberg. Hier zeichnete er sich durch Umsicht und Muth bei Vertheidigung der Festung auf das vortheilhafteste aus, wurde Obrist und nachher Chef des Ingenieurcorps und erhielt die Inspection der preuß. Festungen. Er nahm jedoch seine Entlassung aus dem Militairdienst und arbeitete als geheimer Staatsrath, indem er zu geheimen Sendungen an verschiedene Höfe verwendet wurde, bis 1813, wo er als Generalmajor und Generalquartiermeister in das Blücher'sche Corps trat, nach dem Waffenstillstand Chef des Generalstabes wurde und mit Blücher, besonders in den Schlachten an der Katzbach und bei Leipzig, sich auszeichnete. Nach dem Frieden zu Paris wurde G. zum General der Infanterie ernannt, in den Grafenstand erhoben und erhielt die Erlaubniß, sich eine Domaine von 10,000 Thlr. jährlicher Einkünfte auszuwählen. Im Jahre 1815 wurde die Schlacht bei Waterloo vorzüglich durch G.'s umsichtige Maßregeln entschieden, und der König von Preußen schmückte ihn mit derselben Decoration des schwarzen Adlerordens, welche man in Napoleon's erbeutetem Wagen fand. Beim Abschluß des Friedens zu Paris war er als preuß. Minister thätig. Zur Herstellung seiner Gesundheit nahm G. 1816 seinen Abschied und lebte theils in den böhm. Bädern, theils auf seinen Gütern. Schon 1818 kam er jedoch wieder in öffentliche Thätigkeit, indem er zum Gouverneur von Berlin und bald darauf zum Feldmarschall ernannt wurde. Als die Revolution in Polen ausgebrochen war, wurde ihm der Oberbefehl über die vier preuß. Armeecorps der östl. Provinzen Preußens ertheilt. In Ausübung der ihm hier obliegenden Pflichten ergriff ihn die Cholera und er starb 1831 zu Posen. G. zeichnete sich als Feldherr durch Scharfblick, Besonnenheit, Ruhe in den entscheidendsten und gefährlichsten Augenblicken, Bestimmtheit und Kraft, als Privatmann durch liebenswürdige Bescheidenheit, Gewandtheit und Anmuth im Umgange aus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 236.
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