Hannibal

[330] Hannĭbal, einer der größten Feldherren, welche jemals gelebt haben, dem, an der Spitze der punischen Macht stehend, fast gelungen wäre, Rom um seine Ansprüche auf die Weltherrschaft zu bringen. Er wurde zu Karthago (s.d.), der mächtigsten Nebenbuhlerin des schon mächtigen Roms, 247 v. Chr. geboren und im Haß gegen die Römer von seinem Vater Hamilkar Barkas erzogen. Die Punier machten ihn 221 zu ihrem Oberfeldherrn in Hispanien (dem alten Spanien), wo er über die Römer mehre bedeutende Siege davontrug. Aber er wollte seine Feinde in ihrer Heimat angreifen, um sie wo möglich ganz zu vernichten. Mit einem Heere von mehr als 100,000 M. und mit 40 Elefanten machte er sich auf den Weg und ging über die Alpen, welche rings den Norden Italiens umkränzen. Dieser ewig denkwürdige Zug geschah zu einer Zeit, in der man Heerstraßen in diesen riesigen Gebirgen noch gar nicht kannte, in der alle Mittel des Transports noch höchst unvollkommen waren, ja in der man sogar nur noch höchst unvollkommene geographische Kenntnisse besaß, endlich mit einem Heere von Menschen, welche wol an die Hitze des Südens, aber keineswegs an die Eiseskälte der Hochgebirge gewöhnt waren. Über 70,000 Menschen kamen auf dem Zuge um, und dennoch siegte mit dem Rest seines Heers H. über ein röm. Heer, das unter dem Oberbefehl eines berühmten Feldherrn für die Freiheit Roms gegen ihn kämpfte. Ein zweites röm. Heer vernichtete er in einer zweiten blutigen Schlacht. Nachdem auch noch ein drittes Heer geschlagen worden, ernannten die Römer in Angst und Bestürzung den Fabius zum Dictator, welcher durch sein Zaudern den wie eine schwere Gewitterwolke gegen Rom heranziehenden H. aufhielt. (S. Fabius Cunctator.) Im nächsten Jahre (216) brachte H. den röm. Consuln bei Cannä eine furchtbare Niederlage bei; ein Heer von 86,000 M. wurde vernichtet. Doch auch den H. hatten seine Siege allzu viel gekostet, als daß er den günstigsten Moment zur Einnahme Roms hätte benutzen [330] können. Karthago ließ seinen großen Feldherrn ohne Truppensendungen, und dieser mußte unthätig zu Capua (s.d.) in Campanien, der üppigsten Provinz Italiens, bleiben. Seine Krieger ergaben sich Ausschweifungen aller Art, um sich für die Strapazen des Krieges schadlos zu halten. Dennoch hielt sich H. noch mehre Jahre in Italien, aber im Frühjahre 205 wurde er nach Karthago zurückberufen, denn dieses wurde von dem berühmten P. Cornelius Scipio bedroht. H. kam mit einem Heere, angeknüpfte Unterhandlungen führten zu keinem Ziele, und er wurde zum ersten Mal bei Zama geschlagen. Diese Schlacht raubte 20,000 Karthagern das Leben, ebenso vielen die Freiheit und entschied das Schicksal Karthagos. H. blieb nach dem Frieden in Karthago, mußte aber, weil die Römer seine Auslieferung verlangten, flüchtig werden. Er begab sich zu Antiochus, König von Syrien, und bewog ihn zum Kriege gegen Rom. Treulosigkeit gegen H. vereitelte den Sieg. Abermals mußte er fliehen, um nicht seinen Todfeinden überliefert zu werden. Prusias, König von Bithynien, nahm ihn auf und H. führte ein Heer siegreich gegen Roms Bundesgenossen an. Abgeordnete des allgefürchteten Roms erschienen bei Prusias, verlangten den H. und hätten ihn von dem schwachen Könige erhalten, wenn nicht H. dem Verrath zuvorgekommen wäre. Er tödtete sich selbst 183 v. Chr. mit Gift, welches er stets in einem Ringe bei sich zu tragen pflegte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 330-331.
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