Humboldt

Humboldt

[422] Humboldt ist der Name zweier um den Staat und die Wissenschaften hochverdienter Männer. Der älteste der beiden Brüder, Karl Wilhelm, Freiherr von H., wurde 1767 zu Potsdam geboren und trat, nachdem er eine ausgezeichnete wissenschaftliche Vorbildung sich erworben, 1802 in preuß. Staatsdienste.

Er wurde zunächst Resident und später bevollmächtigter Gesandter zu Rom. Nachdem er 1808 geheimer Staatsrath geworden war, ging er 1810 als Staatsminister und Gesandter nach Wien. Später war er bei den Friedensunterhandlungen Preußens mit Frankreich und Sachsen und bei den Unterhandlungen über den Länderbesitz Preußens segensreich thätig. Fürstlich belohnt von seinem Könige und allgemein geachtet übernahm er auch ferner wichtige Zweige der Staatsverwaltung, zog sich jedoch 1819 von den Geschäften zurück, bis er 1830 wieder an den Sitzungen des Staatsraths Theil nahm. Er starb auf seinem Landsitze Tegel bei Berlin 1835. Außer als Staatsmann hat sich H. aber auch durch seine wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet. Vorzugsweise waren es Sprachstudien, mit denen er sich beschäftigte und in denen er bisher noch nicht angebaute Gebiete beleuchtete. Er schrieb über die baskische Sprache, lieferte eine metrische Übersetzung des »Agamemnon« von dem griech. Dichter Äschylus und Berichtigungen und Zusätze zu Adelung's (s.d.) »Mithridates«. Ein geistreiches Werk ist auch seine Schrift über Goethe's »Hermann und Dorothea«. Auch hat der Briefwechsel zwischen Schiller und H., den der Letztere mit einem Vorwort über »Schiller und den Gang seiner Geistesentwickelung« eingeleitet, viele Theilnahme gefunden. – Einen noch ausgebreitetern Ruhm erwarb sich der jüngere Bruder Friedr. Heinr. Alexander, Freiherr von H., der 1769 zu Berlin geboren wurde, in Göttingen und Frankfurt a. d. O. studirte und sich nachher noch auf der Handelsschule zu Hamburg und auf der Bergakademie zu Freiberg bildete. Er erhielt eine Anstellung als Oberbergmeister in Baireuth, verließ aber diese Stellung 1795, um seiner Neigung zu wissenschaftlichen Reisen zu folgen. Schon 1790 hatte er Holland und England besucht, jetzt begab er sich zunächst nach Italien und nach der Schweiz und ging endlich 1797 nach Paris. Schon längere Zeit hatte sich H. angelegentlich mit dem Plane beschäftigt, eine Reise nach dem mittlern Amerika zu unternehmen. In Paris lernte er den gelehrten und zu kühnen Unternehmungen geneigten Naturforscher Aimé Bonpland kennen und mit diesem begab sich H. 1799 auf die Reise, nachdem er sich zu Madrid die Erlaubniß geholt hatte, die span. Colonien in Amerika zu bereisen. Erst 1804 kehrten die beiden Naturforscher von ihrer Reise zurück, auf welcher sie, oft unter den beschwerlichsten Verhältnissen, die großartigsten Entdeckungen und die wichtigsten Beobachtungen gemacht hatten. Sie hatten allein 6300 neue Pflanzenarten entdeckt und die wichtigsten Beobachtungen über die geographische Lage der von ihnen bereisten Länder, sowie über deren physische Beschaffenheit gemacht. Niemals hat eine Reise zahlreichere und glänzendere Resultate für die Wissenschaft gehabt, als die von H. Ein Prachtwerk, welches in franz. Sprache zu Paris unter dem Titel: »Reise von H. und Bonpland nach den Äquinoctialgegenden des neuen Continents u.s.w.« erschienen, brachte diese Entdeckungen in das Publicum. Von seiner Reise zurückgekehrt, hielt sich H. bis 1826 in Paris auf und unternahm nur kleinere Reisen in Europa, wie er denn 1822 den König von Preußen auf einer Reise durch Italien begleitete. Fortwährend war er mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt. Nach Berlin endlich zurückgekehrt, hielt er im Winter 1827–28 Vorlesungen vor einem ausgewählten zahlreichen Publicum über physische Weltbeschreibung und machte 1829, begleitet von den Naturforschern Ehrenberg und G. Rose, eine Reise nach Sibirien und dem kasp. Meere. Auch von dieser Reise wird in einem größern wissenschaftlichen Werke Rechenschaft gegeben werden, und wieviel man sich von demselben zu versprechen habe, davon zeugen die bereits erschienenen »Fragmente. der asiat. Geologie und Klimatologie«. Eins der neuesten Verdienste, welches sich H. um die Wissenschaft erworben, ist, daß er seinen Einfluß und seinen ausgebreiteten Ruhm benutzt hat, um eine über den ganzen bewohnten Erdkreis sich ausdehnende gleichzeitige Beobachtung der Schwankungen der Magnetnadel zu Stande zu bringen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 422.
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