Hussiten

[429] Hussiten (die), die Anhänger des Reformators Huß (s.d.) in Böhmen, rächten den Tod ihres Lehrers auf eine furchtbare Art. Zunächst schlossen sie sich enger aneinander und König Wenzel mußte ihnen 1417 mehre Kirchen einräumen, in denen ihre Priester das Abendmahl in beiderlei Gestalt austheilten, nicht wie die Katholischen den Laien den Kelch vorenthielten. Nach dem 1419 erfolgten Tode Wenzel's brach der Aufstand in vollen Flammen aus, denn die Hussiten wollten den Erben der böhm. Krone, den treulosen Kaiser Sigismund, nicht als ihren König anerkennen. Die Verfolgungen, mit denen Rom den Hussiten nachstellte, empörten die Gemüther noch mehr. Sechzehn Jahre währte der blutige Hussitenkrieg. Er begann mit Zerstörung der Klöster und Kirchen, Ermordung der Mönche und Priester in Böhmen; bald aber machten die fanatischen Heerhaufen auch verheerende Einbrüche in die benachbarten Länder. Es bildeten sich indeß unter den Hussiten selbst Spaltungen, welche endlich ihren Untergang herbeiführten. Die eifrigste Partei war die der Taboriten, an deren Spitze ein böhm. Ritter, Ziska von Trocznow, stand. Dieser hatte ein großes Kriegsheer um sich versammelt, welches bald durch seine Begeisterung für die ergriffene Sache und durch seine Übung in den Waffen als unüberwindlich dastand. Ziska erbaute auf einem Berge im bechiner Kreise, auf welchem H. gepredigt hatte, eine feste Stadt und nannte sie Tabor; von ihr erhielten seine Anhänger den Namen. Unter Ziska befehligte bis 1420, wo er starb, Nicolaus von Hussinecz, der sich zuerst an die Spitze der Hussiten gestellt und 1420 ein kais. Heer vor Tabor zurückschlug. Besonnener und ruhiger war die Partei der Prager oder Calixtiner, welche besonders in Prag viele Anhänger zählte und die sich zufrieden zu stellen bereit war, nachdem sie es errungen hatte, daß neben dem Brod auch der Kelch (lat. calix) im Abendmahl gereicht werde. Diese Calixtiner wählten einen König, welchen die Taboriten nicht anerkannten, und so kam es unter den Hussiten selbst zu blutigen Fehden. Ziska, obgleich erblindet, wurde doch vom Glücke nicht verlassen und hinterließ bei seinem 1424 erfolgten Tode in Procopius den Taboriten einen würdigen Nachfolger als Feldherrn. Derselbe schlug die mächtigen Kreuzheere, welche das katholische Deutschland gegen die Hussiten [429] ausgerüstet hatte. Sachsen, die Lausitz, Schlesien, Franken, Östreich und das katholisch gebliebene Böhmen wurden furchtbar von ihm verwüstet. Die Kirchenversammlung zu Basel bot endlich durch Kaiser Sigismund, des Königs Wenzel Erben, den Hussiten einen Vergleich, auf welchen die Gemäßigtern unter diesen eingingen, und so kamen am 20. Nov. 1433 die sogenannten prager Compactaten zu Stande. Die Calixtiner vereinigten nun ihre Streitmacht mit der katholischen und besiegten die Gegenpartei 1434 bei Böhmischbrod. Sigismund wurde, nachdem er 1436 zu Iglau die Compactaten beschworen hatte, als König von Böhmen anerkannt. Die Taboriten schlossen sich den Katholiken nicht an; Beschränkungen und Verfolgungen verminderten aber ihre Zahl immer mehr und aus dem Überreste bildete sich um die Mitte des 15. Jahrh. die Religionsgesellschaft der böhm. oder Mährischen Brüder (s.d.).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 429-430.
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