[711] Leber heißt das größte, unter den sogenannten falschen Rippen der rechten Seite gelegene Unterleibseingeweide von drüsenartigem Baue und braunrother Farbe. Man unterscheidet an ihm eine obere gewölbte Fläche, welche unmittelbar unter dem Zwerchfelle liegt, und eine untere ausgehöhlte, durch mehre Vertiefungen in Lappen getheilte, welche den obern Theil der rechten Niere, eine Partie des Zwölffinger- und des Dickdarmes und den sogenannten Pförtner des Magens bedeckt, ferner einen stumpfen Rand, der die Leber nach hinten und rechts, und einen scharfen, der sie nach vorn und links begrenzt und in seinem mehr nach rechts gelegenen Theile mit einem flachen Einschnitte für die Gallenblase, welche zur Aufbewahrung der in der Leber abgesonderten Galle dient, versehen ist. Die Leber, in deren ziemlich festem Gewebe sich eine Menge aus Gefäßknäueln bestehende gelbe Körnerchen auszeichnen, wird nicht überall, aber doch im größern Theile ihres Umfanges von einer häutigen, durch das Bauchfett gebildeten Hülle umgeben, durch verschiedene Bänder an die benachbarten Theile, namentlich aber das Zwerchfell, befestigt und erhält zahlreiche Blutgefäße, ganz besonders viele Blutadern, außerdem aber auch lymphatische Gefäße und Nervenzweige. Ihre Verrichtung besteht hauptsächlich in der Absonderung der Galle, welche sich durch den gemeinschaftlichen Gallengang in den Zwölffingerdarm ergießt, nächstdem aber in der Entkohlung des Blutes, vielleicht auch in wirklicher Blutbereitung, wenigstens bei dem noch ungeborenen Menschen, in welchem sie einen verhältmäßig beiweitem größern Umfang hat als in dem Erwachsenen. Die Leber gehört zu denjenigen Organen, welche sich nicht blos bei dem Menschen, sondern auch bei den meisten Thieren finden; selbst bei manchen Würmern scheint etwas der Leber Ähnliches vorzukommen, ja bei den Vögeln, Amphibien und Fischen hat sie eine verhältnißmäßig beträchtlichere Größe als bei dem Menschen und den Säugthieren. Die Leber ist mannichfachen Krankheiten ausgesetzt. Zu den am häufigsten vorkommenden gehört die Entzündung der Leber, welche im glücklichen Falle mit Zertheilung, im unglücklichen mit Verhärtung, mit Vereiterung oder auch wol, obschon selten, mit Brand endet. Ferner verdienen Erwähnung. die Gelbsucht, die sogenannte Leberkolik, wie überhaupt die von dem Vorhandensein von Gallen- und Lebersteinen abhängigen Beschwerden. Außerdem bietet die Leber nicht selten hinsichtlich ihrer Farbe, Festigkeit und Structur Abweichungen von der Regel dar, die freilich meistens erst Folgeübel sind. So kann sie auf verschiedene Weise widernatürlich gefärbt erscheinen, blaßgelb, grünlich, dunkelziegelroth, schwärzlichroth; sie kann ferner bis zum Zerreißen mürbe und weich, aber auch dichter und fester als recht ist, ja ungewöhnlich hart und in ganz fremdartige Gewebe verwandelt sein oder doch fremdartige Erzeugnisse von häutiger, faseriger, knorpeliger oder knöcherner Beschaffenheit, sowie auch Ansammlungen von Flüssigkeiten, von Blut, Eiter, Wasser in ihrem Gewebe darbieten; endlich kann das ganze Organ durch krankhafte Entwickelung benachbarter Theile, Anhäufung von Flüssigkeiten in der Unterleibshöhle u.s.w. aus seiner naturgemäßen Lage gedrängt sein. Eine besondere Anlage zu Leberkrankheiten, zu denen Frauen mehr geneigt sind als Männer, begründen das cholerische und melancholische Temperament, häufiger Ärger, anhaltender Gram und Kummer, Gewöhnung an eine zu reichliche, zu sette und zu stark gewürzte Kost, Unmäßigkeit im Genusse geistiger Getränke. Ausdrücklich erwähnt zu werden verdient noch, daß die Leber nicht selten in Folge von Kopfverletzungen erkrankt. – Leberflecken werden gelbliche, gelblichbraune, braune, gelblichgrüne oder gelblichschwarze, bald glatte, bald etwas rauhe Flecken von der Größe einer Linse bis zu der[711] einer Hand genannt, die am gewöhnlichsten bei Frauen zur Zeit der Schwangerschaft oder nach sonstiger Unterdrückung des Monatsflusses bald einzeln, bald gruppenweise im Gesicht, am Halse, an der Brust und am Unterleibe zum Vorschein kommen, zuweilen aber auch mit Hämorrhoidal- oder Leberleiden in Verbindung stehen, weder Jucken noch Schmerz oder sonst eine Empfindung verursachen und in der Regel mit der Ursache ihrer Entstehung, bei Schwangern kurze Zeit nach der Entbindung, gewöhnlich noch während des Wochenbettes, entweder von selbst oder unter dem Gebrauche verschiedener innerer und äußerer Mittel wieder verschwinden.