Lichtenberg [1]

[742] Lichtenberg (Georg Christoph), ein ausgezeichneter Physiker und witziger Schriftsteller Deutschlands, wurde als das jüngste der 18 Kinder seiner Ältern 1742 zu Ober-Ramstädt bei Darmstadt geboren. Bis zum achten Jahre wohlgebildet, fing er jedoch von da an, durch eine Rückgrathverrenkung zu verwachsen. Er besuchte das Gymnasium in Darmstadt, bezog 1763 die Universität Göttingen und widmete sich hier astronomischen Beobachtungen. Im J. 1770 wurde er daselbst Professor, begleitete in demselben Jahre zwei junge Engländer nach London und wurde nicht nur den dasigen Astronomen, sondern selbst dem Könige bekannt, der von ihm die astronomische Bestimmung mehrer Städte seiner deutschen Staaten außer Göttingen verlangte. L. legte 1774 der Societät zu Göttingen, deren Mitglied er geworden war, Rechenschaft von seiner Messung ab, welche die Lage von Hanover, Osnabrück und Stade bestimmte. Die Frucht seiner zweiten Reise nach England in demselben Jahre sind seine vortrefflichen »Briefe über Garrick und das engl. Theater«. Nach Göttingen 1778 zurückgekehrt, hielt er außerordentlich zahlreich besuchte Vorlesungen über [742] die Experimentalphysik. Sein physikalischer Apparat war so reich und prachtvoll eingerichtet, daß schon im J. 1789 die Universität denselben von ihm für eine Leibrente von 200 Thlr. erkaufte, welche nach seinem Tode auf L.'s Kinder übergetragen wurde. Durch die Beobachtung der Bildung elektrischer Figuren auf elektrischen Körpern und die Belehrung, wie sie hervorzubringen und festzuhalten seien, wurde er Entdecker in der Physik, und man benannte jene Figuren nach ihm. Seit 1778 nahm er durch interessante Beiträge Theil an dem später von ihm selbst herausgegebenen »Göttingischen Almanach«. Schon 1773 trat er als satirisch witziger Schriftsteller in seinem: »Timorus u.s.w.« gegen einen Bekehrungsversuch Lavater's an Mendelssohn auf. Ähnlich dieser Flugschrift ist der Aufsatz: »Über die Physiognomik wider die Physiognomen u.s.w.«, worin er die falsche einseitige Richtung jener verfolgte. Auf Veranlassung des Nachdruckers Tob. Göbhard in Bamberg geißelte er in zwei an denselben gerichteten Episteln die Zunft der Nachdrucker, die er hier mit beißendem Witze an den Pranger stellte. Dann unternahm er mit Georg Forster die Herausgabe des »Göttingischen Magazins der Wissenschaft und Literatur«, gerieth mit Voß in Streit über dessen Aussprache und Rechtschreibung im Griechischen und mit dem Superintendent Ziehen in Zellerfeld über dessen Weissagung des nahen Untergangs eines Theils von Deutschland. Schon seit 1776 begleitete er einige für den Göttinger Almanach verkleinert nachgestochene Blätter Hogarth'scher Köpfe mit witzig-geistreichem Commentare, und gab, dazu aufgemuntert, später die: »Ausführliche Erklärung der Hogarth'schen Kupferstiche mit verkleinerten, oder vollständigen Copien derselben von Riepenhausen« heraus, wovon jedoch nur vier Lieferungen von L. sind. Die letzten Jahre seines Lebens verließ L., fast menschenscheu, nie sein Zimmer und starb 1799. Seine einzelnen Aufsätze erschienen vereinigt unter dem Titel: »Vermischte Schriften«, herausgegeben von L.'s Bruder, Ludw. Christian L., und Kries (9 Bde, Götting. 1800–1805).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 742-743.
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