[150] Minorenn, d.i. minderjährig, heißt Derjenige, welcher noch nicht das von den Gesetzen verlangte Alter erreicht hat, um als selbständiger Mann handeln und ein Vermögen selbst verwalten zu können. Wer das Alter der Minorennität oder Minderjährigkeit überschritten, wird majorenn oder großjährig; häufig werden auch für Beides die Ausdrücke mündig und unmündig gebraucht. Das Alter der Minderjährigkeit ist in den verschiedenen Gesetzgebungen sehr abweichend bestimmt und die Römer betrachteten z.B. alle nicht 25 Jahre alte Menschen ohne Unterschied des Geschlechts als minderjährig, theilten aber die Minderjährigen wieder ein in mündige und unmündige und verstanden unter den Mündigen alle Knaben, welche das 14. und alle Mädchen, welche das 12. Jahr überschritten hatten. Was unter sieben Jahren war, nannten sie Kinder. Auch bei den alten Deutschen machte das Alter einen wichtigen rechtlichen Unterschied, jedoch nur zwischen Minderjährigen und Großjährigen, und die Unterabtheilungen der Römer waren ihnen unbekannt und fanden auch später nach Aufnahme des röm. Rechts bei ihnen keinen Eingang, wenngleich manche daraus fließende gesetzliche Bestimmung Gültigkeit erlangte. In den frühesten [150] Zeiten wurde bei unsern Vorfahren die Volljährigkeit nicht nach Jahren, sondern nach körperlichen Kennzeichen bestimmt und öffentlich durch Anlegung der Waffen oder gestatteten Zutritt in der Gemeindeversammlung ausgesprochen. Von einer Volljährigkeit der Frauenzimmer war gar nicht die Rede und erst das röm. Recht verschaffte auch dem weiblichen Geschlechte Anerkennung. Die erfoderlichen 25 Jahre aber wurden meist auf einen kürzern Zeitraum beschränkt, und wo dies nicht geschehen ist, wird noch heutiges Tages bei beiden Geschlechtern das vollendete 25. Jahr zur Mündigkeit erfodert. Durch einen besondern Act der landesherrlichen Gnade kann Jemand auch vor der gesetzlichen Zeit mündig gesprochen werden, was nicht schwer fällt, wenn er das 20. oder 18. Jahr überschritten hat und nachgewiesen werden kann, daß er ein guter Haushalter ist und gegründete Ursache hat, Befreiung vom Gesetz zu wünschen. Für das Wohl der Minderjährigen zu sorgen, haben sich die Gesetzgeber aller Völker und Zeiten sehr angelegen sein lassen. Sie haben nicht nur verordnet, daß, nach dem Tode des Vaters, des natürlichen Beschützers des Unmündigen, diesen sofort ein Vormund (s.d.) bestellt werde, sondern sie haben auch außerdem den Minderjährigen durch mancherlei Privilegien gegen Übervortheilungen und Verluste sicher zu stellen gesucht; namentlich ist ihnen die Wohlthat der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugestanden worden, vermöge welcher die Minderjährigen bei allen zu ihrem Nachtheile eingegangenen Geschäften, selbst wenn der Vormund eingewilligt hat, auf Restitution antragen können. Dies kann noch nach erlangter Volljährigkeit geschehen, nur müssen sie nicht als Volljährige das Geschäft bestätigt oder dasselbe bei der Eingehung eidlich bekräftigt oder sich in betrügerischer Absicht für volljährig ausgegeben haben.