[150] Minnesänger werden die vorzüglichsten deutschen Dichter des 12. und 13. Jahrh., eines Zeitraums genannt, in dem mit dem Ritterwesen die deutsche Dichtkunst ihre höchste mittelalterliche Ausbildung erlangte. Die meisten waren aus Schwaben gebürtig, fangen in der seit Konrad III. (1138), dem ersten schwäb. Kaiser aus dem Hause der Hohenstaufen, an die Stelle der früher gewöhnlichen fränk. Mundart tretenden, wohllautenden alemannischen oder schwäbischen, und das Zeitalter der Hohenstaufen (s.d.) umfaßt überhaupt die Blüte dieser Sänger, daher sie auch schwäb. Dichter heißen. Sie waren meist adeliger Herkunft und Ritter, sangen und lebten vorzüglich an den Höfen kunstliebender Fürsten, deren selbst viele zu ihnen gehörten, und wenn sie von ritterlichen Unternehmungen ruheten, die Frauen ihrer Minne durch Gesang und Dichten ehrten und erfreuten. Doch gab es auch ärmere Sänger, welche an Höfen und Rittersitzen umherzogen, um sich hören zu lassen und meist willkommene Gäste waren, da Dichten und Singen als die beliebteste Unterhaltung der damaligen höhern Gesellschaft erscheint. Einfalt und Gemüthlichkeit der Phantasie, der religiöse Schwung der Zeit, die Romantik des in seiner Blütezeit stehenden Ritterthums liehen ihren Dichtungen jene bewundernswerthe Zartheit, ungekünstelte Innigkeit, Leidenschaftlichkeit und Pracht, welche sie neben oft großer Weitschweifigkeit und Gedankenarmuth auszeichnen. Man hat daher die Dichtkunst jener Zeit ein Ritterthum mit poetischen Waffen genannt, dem übrigens auch die Turniere nicht abgingen, indem häufig Wettkämpfe im Singen und Dichten stattfanden unter denen ein 1207 am Hofe des thüringer Landgrafen Hermann I. gehaltener als »Wartburgkrieg« vorzüglich berühmt ist. Von Nachahmung der Muster des classischen Alterthums war noch keine Rede, wol aber entlehnten sie Versarten und namentlich epische Stoffe häufig von provenzalischen Dichtern. (S. Troubadours.) Hauptinhalt ihrer Lieder bildeten jedoch die Leiden und Freuden der Minne und daneben der Frühling; sonst feierten sie aber auch noch Alles, was ihrem Zeitalter hehr und erhaben erschien, über dessen von Kirche und Ritterthum gezogene Schranken freilich Keiner mit seinen Blicken hinausreichte, und dichteten Fabeln, Heldengedichte, geistliche Gesänge, erzählten Rittergeschichten und Abenteuer. Äußerlich gibt sich an ihren Liedern eine kunstreiche, naiv tändelnde Verschlingung, Verschränkung und Vervielfachung der Reime und Assonanzen und eine große Mannichfaltigkeit der Versarten zu erkennen, welche wieder auf eine überaus große Zahl von Melodien schließen läßt, in deren Erfindung jene Dichter, die meist zugleich Componisten und Sänger waren und deshalb in der Sprache jener Zeit auch mitunter Spielleute und Fiedler hießen, nicht minder schöpferisch gewesen sein müssen. Zu den berühmtesten derselben gehören Heinr. von Veldeck, Hartmann von der Aue, Wient von Grävenberg, Wolfram von Eschenbach, Walter von der Vogelweide, Heinr. von Ofterdingen, Gottfried von Strasburg, Konrad von Würzburg, Jos. Hadloub, Ulrich von Thyrheim, Rudolf von Hohenems, Ulrich Boner und Andere, die Alle in den letzten Jahrzehnden des 12. bis zu Ende des 13. Jahrh. lebten. Kleinere Gedichte von 140 solchen Sängern sammelte im 14. Jahrh. der züricher Rathsherr Rüdiger von Manesse und dessen Sohn, Küster in Zürich. Ihre Handschrift kam im 17. Jahrh. nach Heidelberg und von da während des dreißigjährigen Kriegs nach Paris, wo sie erst 1726 wieder entdeckt, hierauf 1758–59 zu Zürich von Bodmer (s.d.) herausgegeben wurde und unter dem Namen Manessesche Sammlung als die bedeutendste der Art bekannt ist. In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters kam natürlich mit dem Ritterwesen auch die Ritterpoesie in Verfall und als die Nachfolger der Minnesänger traten nun die Meistersänger (s.d.) auf.