Mumien

Mumien
Mumien

[211] Mumien werden von einem ähnlichen, in vielen morgenländischen Sprachen »Harz« bezeichnenden Worte, die durch Einbalsamiren (s. Balsam) seit 2–3000 Jahren aus der Zeit der alten Ägypter unverwest erhaltenen Leichname von Menschen, sowie von Thieren genannt, welche in Ober- und Mittelägypten noch in Menge in unterirdischen Grabzellen gefunden werden, die an hochgelegenen, stets trockenen Stellen angelegt sind.

Sie befinden sich zum Theil an den Seiten langer und vielarmiger unterirdischer Gänge am [211] Fuße von Gebirgen, doch auch an ebenen Orten, wo dann eine Art Schacht als Zugang dient, und eine südl. von den Pyramiden von Gizé gelegene Fläche heißt von der Menge der dort gefundenen Mumien das Mumienfeld. Die Todtenkammern der Vornehmen sind mit Wandmalerei und erhabener Arbeit verziert und ihre Mumien in sargartigen Kasten umschlossen. Auf allen ist äußerlich ein männliches oder weibliches Gesicht zu sehen, die sonstigen Verzierungen [212] aber sind bald mehr bald minder zahlreich und bestehen, da die Kasten wieder mit einer gypsähnlichen Masse überzogen sind, theils in erhabenen, theils in blau, grün, roth und schwarz auf gelbem Grunde gemalten Bildern und Zeichen. In diesen Holzkasten befindet sich oft noch eine dem Körper genau angepaßte Kapsel aus mehren Logen übereinander geleimter Leinwand, die Mumien selbst aber sind mit über der Brust gekreuzten Armen, mit vielen schmalen Leinwandbinden umwickelt, die von den zum Einbalsamiren verwendeten Harzen und andern Stoffen so durchdrungen sind, daß sie eine Masse mit den Leichnamen zu bilden scheinen, deren Farbe dunkelbraun oder schwarz und glänzend ist und die wie Holz hart und trocken und von eigenthümlich gewürzhaftem Geruch und bitterm Geschmacke sind. Das Gesicht ist oft freigelassen oder mit sehr seinem Linnen, wie mit einer Maske, mitunter mehrfach bedeckt, wo dann die äußere Lage vergoldet oder bemalt ist und das Gesicht der Leiche darstellt. Nebenan ist ein solcher Sarg und die darin enthaltene Mumie abgebildet. Leichen geringer Leute wurden gar nicht in Kasten gelegt, sondern wahrscheinlich, nachdem sie 70 Tage in Salpeter gelegen hatten, nur getrocknet, mit groben und wenigen Binden umwickelt und in den Gräbern aufgeschichtet, wie sie sich auch noch vorfinden. Von Thieren wurden Katzen, Füchse, Krokodile, Affen, Käfer, Fledermäuse, mehre Vögel und Fische, die Köpfe der Rinder und Schafe ebenfalls einbalsamirt, weil sie aus einem oder dem andern Grunde besondere Verehrung genossen. Die Affen finden sich sitzend in wenig veränderter Gestalt, Katzen und Füchse sind mit Binden stark zusammengeschnürt, die Krokodile haben dagegen ihre natürliche Gestalt behalten, sind aber mit Binden umhüllt und Augen und Rachen darauf gemalt. Die Vögel sind zusammengedrückt und haben ganz ihre Form verloren, der Ibis ausgenommen, der wie ein zum Braten zugerichteter Vogel sich ausnimmt. Bei Rindern und Schafen ist blos der Kopf mit Leinwand bedeckt und die Hörner ragen aus der Umhüllung hervor; der übrige Theil des Körpers ist durch eine, aus der Abbildung dieser Thiermumien ersichtliche, hölzerne Form ersetzt. Nach dem Vorgange arab. Ärzte sind menschliche Mumien bis noch vor gar nicht langer Zeit auch in Europa als ein Heilmittel angewendet und in Stücken im Arzneihandel geführt worden. Vollkommen gut erhaltene, ganze ägypt. Mumien mit reichverzierten Kästen und Hüllen gehören zu den seltenen Alterthümern und werden für Sammlungen theuer bezahlt. – Im Allgemeinen werden auch durch scharfen Luftzug oder durch die Sonne ausgetrocknete und dadurch ohne Einbalsamirung vor der Verwesung geschützte menschliche Leichname Mumien genannt, wie man deren z.B. im Bleikeller des Doms zu Bremen (s.d.), im Kapuzinerkloster bei Palermo in Sicilien, in der Todtenhalle des Klosters auf dem großen St.-Bernhardsberge (s.d.) findet, oder wie sie als sogenannte weiße Mumien in den Sandwüsten von Arabien entstehen, wenn die Körper verunglückter Reisender längere Zeit in dem dürren und heißen Sande begraben lagen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 211-213.
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