[350] Origĕnes, der berühmteste unter den griech. Kirchenvätern und von denselben der Erste, welcher durch Gelehrsamkeit und philosophische Bildung die christliche Glaubenslehre in der Sprache der Wissenschaft darstellte, war 185 n. Chr. geboren und durch den Philosophen Ammonius Sakkas in den heidnischen Wissenschaften unterrichtet, durch Clemens von Alexandrien aber in das tiefere Verständniß der h. Schrift eingeführt worden. Als sein Vater Leonidas, ein ägypt. Bischof, im Jahre 202 den Märtyrertod erlitt, ermahnte er denselben in jugendlicher Begeisterung zur Standhaftigkeit und begann nachher, 18 Jahre alt, als Katechet (s.d.) die Christen zu unterrichten. Um seinen Ruf wider jede Verleumdung in Bezug auf seinen Verkehr mit erwachsenen Jungfrauen in den Katechesen zu sichern, entmannte er sich aus Misverstand einer Stelle der h. Schrift, gegen den er später selbst warnte. Im I. 211 reiste er nach Rom, wirkte später wieder in seinen frühern Verhältnissen in Alexandrien und sein Ruf wuchs so, daß ihn kurz darauf der Statthalter von Arabien von Demetrius, Bischof zu Alexandrien, zum Lehrer im Christenthume erbat. Später lehrte er mit großem Beifall eine Zeit lang zu Cäsarea in Palästina, wurde aber von seinem Bischofe wieder nach Alexandrien zu seiner frühern Bestimmung zurückgerufen. Dabei machte er das Christenthum zugleich zu einem Gegenstande tiefer philosophischer Untersuchung und erwarb sich wegen des dabei bewiesenen eisernen Fleißes den Ehrennamen Adamantius. Sein Ruhm veranlaßte 222 des Kaisers Alexander Severus Mutter, Julia Mammäa, ihn zu sich nach Antiochia kommen zu lassen, um sich mit ihm über das Christenthum zu unterreden, und groß unstreitig ist der Einfluß, den er durch seine Begeisterung für dasselbe bei der Kaiserin gewann, mit der er auch nachher im Briefwechsel stand. Auf einer Reise nach Cäsarea von den hier versammelten Bischöfen 228 zum Presbyter geweiht, was aber ein Eingriff in die Rechte des Bischofs von Alexandrien war, wurde O. dadurch ein Gegenstand der Verfolgung desselben und von ihm sogar aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Dennoch blieben die Gemeinden von Palästina, Arabien und Achaja dem O. zugethan, der selbst in Cäsarea fortwährend das Amt eines Presbyters versehen konnte. Während der von 235–238 über die Christen ergangenen Verfolgungen lebte O. in der Verborgenheit, besuchte aber nachher die Philosophenschule von Athen, lehrte dann aufs Neue in Cäsarea und wurde von hier aus zwei Mal, 244 und 248, zur Belehrung und zur Unterdrückung von Ketzereien nach Arabien gerufen. Die unter Decius von 249–251 erneuerte Verfolgung der Christen brachte auch O., als den gefeiertsten und einflußreichsten Lehrer derselben, zu Tyrus in den Kerker, wo er 252 oder 253 an den Folgen der erlittenen Mishandlungen als ein muthiger Bekenner des Christenthums starb, dennoch aber von seinen Feinden des Abfalls von demselben beschuldigt wurde. Am meisten glänzte O. in der Auslegung der h. Schrift, der beiweitem der größere Theil seiner Schriften gewidmet ist und für die er eine neue Bahn brach; seine acht Bücher gegen den Celsus aber sind eine der gelungensten Vertheidigungsschriften des Christenthums im ganzen Alterthume. Wie O. bei seinem Streben, das Christenthum rein geistig zu fassen und nach dem tiefen Zusammenhange seiner Lehren darzustellen, sich selbst der Freiheit der Allegorie in der Erklärung der heil. Schrift bediente und dabei nicht ganz frei erhielt von dem Einflusse der heidnischen Philosophie, so brachte er dadurch zugleich manche neue und kühne Ansichten in das Christenthum, die in der Folge um so mehr zu den kirchlichen Streitigkeiten Veranlassung gaben, je weniger seine zahlreichen Anhänger, die Origenisten, dieselben in ihrer Eigenthümlichkeit aufzufassen und sich anzueignen vermochten.