Schwein

Schwein

[133] Schwein ist eine Gattung Säugthiere, welche theils wild, theils zahm vorkommt und sich durch die zu einem knorpeligen, beweglichen Rüssel verlängerte Schnauze, sowie die meisten durch die auf beiden Seiten des Rüssels vorstehenden langen Eckzähne, Hauer genannt, durch kleine Augen und lange Ohren, durch steife Haare, Borsten, sowie durch Unreinlichkeit, Gefräßigkeit und Dummheit auszeichnet.

Der Stammvater unsers zahmen Schweins ist das wilde Schwein, von den Jägern Schwarzwildpret genannt. Dasselbe wird 5 F. lang und 3 F. hoch, ist wild und greift, wenn es gereizt worden, auch den Menschen an, wo es dann leicht sehr gefährlich wird. Das durch seine Wildheit und seine längern Hauer sich auszeichnende männliche Schwein heißt Keuler oder Eber, das Weibchen Bache oder Sau, die Jungen Frischlinge. Eine Gesellschaft alter und junger Schweine, Rudel genannt, pflegt zusammen in einem Lager, Kessel, zu liegen, welches mit Moos, Blättern u. dgl. bedeckt ist. Das wilde Schwein hat kürzere Ohren und Füße und stärkere Borsten als das zahme. Seine Nahrung besteht in Holzobst, Wurzeln, Gras, Würmern, Aas u.s.w., und es sucht sich sein Futter oft, indem es die Erde aufwühlt, thut daher den Feldern großen Schaden. Das Schwarzwildpret gehört zur hohen Jagd, wird mit Büchsen geschossen, wol auch (besonders früher) mit eigens darauf abgerichteten starken Hunden, Saupackern, gehetzt und mit dem Jagdspieß oder idem Hirschfänger abgefangen, auch in Netzen gefangen. Das nichtleicht verdauliche Fleisch ist wohlschmeckend und das behaarte Fell nimmt man zu Fußdecken, Kofferbeschlägen u. dgl., das Leder zu Satteln, Sohlen, Pergament, Büchereinbänden u.s.w., die Borsten zu Pinseln und Bürsten, die Zähne zum Poliren. – Das Bisamschwein lebt in der neuen Welt, hat keine vorstehenden Eckzähne, keinen Schwanz und über dem ersten Lendenwirbel über dem Kreuz eine Drüse, welche eine starkriechende braune Flüssigkeit ergießt. Besonders wohlschmeckend ist das Fleisch des in Südamerika lebenden Bisamschweins mit dem Halsbande, auch Patira, Taytetu Az, Pekari genannt, doch muß man bald nach dem Tödten die Bisamdrüse ausschneiden. Dasselbe hat braun und grau geringelte Borsten, einen weißen Streif am Halse und kurze schwache Beine. Es wird nur 21/2 F. lang und 11/2 F. hoch und läßt sich in der Jugend leicht zähmen. – Das äthiopische Warzenschwein oder der Emgallo lebt am Vorgebirge der guten Hoffnung, hat einen langen, breiten, plattgedrückten Kopf, einen harten, breiten Rüssel, dicht beisammenliegende kleine Augen, unter jedem Auge einen Drüsensack, 3 Zoll lange Hautlappen und 4 Hauer, von denen die vordern 8–9 Zoll lang werden. Der Körper ist kurz und dick, die braunlichen Borsten stehen in Büscheln beisammen und sind auf dem Nacken so lang, daß sie eine Art von Mähne bilden. Es ist außerordentlich wild und groß und hat ein wohlschmeckendes Fleisch. – Das Hirschschwein oder der Babyrussa kommt auf den molukkischen Inseln heerdenweise vor, hat einen schlankern Bau und namentlich längere Beine als die übrigen Arten, und 4 lange Eckzähne, von denen die beiden obern bis 8 Zoll lang werden und wie Hörner nach hinten umgebogen sind. Statt der Borsten hat der Babyrussa kurze wollige Haare von bräunlicher Farbe. Er wird so groß wie der Hirsch, verbreitet einen starken Geruch, kann gut schwimmen und gibt ein wohlschmeckendes Fleisch. – Das bei uns sehr häufige Hausthier, das zahme Schwein, kommt in mehren Arten vor, unter denen folgende die bekanntesten und wichtigsten sind, zwischen denen es aber viele Bastardarten gibt. Das polnische Schwein, welches auch im ganzen östl. Deutschland verbreitet ist, wird in großen Heerden gezogen und zum Verkauf tief hinein nach Deutschland getrieben. Es zeichnet sich durch seinen dicken Kopf und langen Rüssel, krummen Rücken und hohe Beine aus, und gewährt nur mittelmäßigen Nutzen, indem auf seine Zucht wenig Sorgfalt verwendet, es auch in seiner Heimat im halbwilden Zustande gelassen wird. Ihm am nächsten steht das deutsche Schwein oder Landschwein, das gewöhnlich etwas kürzer ist und auch kein besonderes Fleisch gibt. Das moldauische, walachische oder russische Schwein ist schwarzgrau, hat einen langen Körper, lange herabhängende Ohren und gibt vieles aber nicht eben ausgezeichnetes Fleisch, pflanzt sich auch nicht stark fort. Ihm verwandt, aber durch gelbliche Farbe und einen braunen Streif auf dem Rücken ausgezeichnet, ist das podolische Schwein. Das ungarische Schwein ist ein ausgezeichnetes Mastschwein, hat stämmige Beine, wollige Borsten und einen mehr kurzen und runden Bau. Ausgezeichnet als Schlachtvieh ist auch das westfälische Schwein, weil es sehr groß und stark wird, aber eine sorgfältige Fütterung und Abwartung verlangt. Die westfälischen Schinken sind berühmt. Es hat wie das thüringische Schwein einen herabhängenden Bauch und schlappe Ohren. Auch das thüring. Schwein gibt sehr wohlschmeckendes Fleisch. Das weiße champagnesche Schwein erreicht eine außerordentliche Länge und einen großen Rüssel, hat aber ein sehr schwaches Hintertheil. Als zur Mast besonders ausgezeichnet und das beste Fleisch liefernd, ist das englische oder Suffolk-Schwein zu nennen. Dasselbe ist weiß, hat einen sehr tief herunterhängenden Bauch und kleine und dünne Beine. Sehr gutes Fleisch liefern auch das dem eben genannten ähnliche, aber kleinere und graugefärbte chinesische Schwein, und das auch kleine, dabei schwarze und feinhaarige, hier abgebildete afrikanische Schwein. – [133] Beim zahmen Schwein nennt man das Männchen Eber, Haksch, Hauer u.s.w., das Weibchen Sau oder Range; das junge Schwein bis in die 16. Woche Ferkel, dann während des ersten Jahres Faselferkel. Um sie stärker zu mästen, castrirt man die Schweine und nennt ein männliches castrirtes Schwein: Burg oder Laufer, ein weibliches Sauschwein oder Nonne. Das zahme Schwein wird wie das wilde benutzt. Sein Fleisch ist noch wohlschmeckender und setzt namentlich viel Fett oder Speck an. Im ganzen Orient und so auch von den Juden wird der Genuß des Schweinefleisches sehr verabscheut, wahrscheinlich weil es ihnen Hautkrankheiten erzeugt, zu denen die Morgenländer ohnehin geneigt sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 133-134.
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