Sebastiani

[146] Sebastiani (Horace François de la Porta, Graf), ward 1775 zu Corsica geboren und gehört einer der vornehmsten [146] Familien dieser Insel an. Er trat, 17 Jahre alt, in franz. Kriegsdienste, zeichnete sich zuerst bei Arcole aus und stieg dann schnell empor. Er unterstützte Bonaparte in seinem Streben nach der obersten Herrschaft, bereiste als dessen Gesandter den Orient und erhielt 1803 als Brigadegeneral die Aufsicht über die Küsten der Bretagne. Nachher commandirte er unter Murat 1805 den Vortrab der Cavalerie. Nach der Schlacht bei Austerlitz, wo er durch Tapferkeit sich auszeichnete und schwer verwundet wurde, stieg er zum Divisionsgeneral. Als Gesandter in Konstantinopel 1806, bestimmte er die Pforte, an Rußland den Krieg zu erklären. Hierauf kämpfte er seit 1808 in Spanien, gewann mehre Schlachten und befestigte die Herrschaft der Franzosen auf alle Art. Nachdem er 1811 nach Frankreich zurückgekehrt war, wurde ihm der Oberbefehl über das Lager zu Boulogne übergeben, und im Feldzuge gegen Rußland commandirte er im Vortrab der großen Armee. Er war unter den Ersten, die in Moskau einrückten, kämpfte dann 1813 in Deutschland mit und nachher in Frankreich. Nach Napoleon's erstem Rücktritt schloß sich S. den Beschlüssen der provisorischen Regierung an, wurde jedoch nicht angestellt. Als Napoleon zurückkehrte, organisirte er die Nationalgarde zu Amiens mit und wurde Deputirter des Aisnedepartements. Nachdem Napoleon zum zweiten Male besiegt worden war, ging S. mit der Deputation der Repräsentantenkammer in das Lager der Verbündeten, um den Frieden zu vermitteln, und als dieses misglückt war, nach England. Er kehrte 1816 nach Frankreich zurück, ward auf halben Sold gesetzt und 1819 nach Corsica geschickt, um den Vorsitz beim Wahlcollegium zu führen, welches ihn zum Deputirten ernannte. Als solcher schloß er sich immer mehr der Partei der Opposition an, ohne jedoch eine würdige und mäßige Haltung jemals aufzugeben. Ludwig Philipp ernannte ihn 1830 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten, welches Amt er jedoch 1832 aufgeben mußte, nachdem er durch den Gang der polnischen Angelegenheiten die öffentliche Gunst verloren hatte. Der König zeichnete ihn indeß fortwährend durch Gunst aus. Nachdem er ganz aus dem Ministerium getreten war, ging er 1834 als franz. Botschafter nach Neapel und 1835 in gleicher Eigenschaft nach London. Mit Ruhe, Besonnenheit und Klugheit hat er seit 1830 vorzugsweise und mit dem glücklichsten Erfolge zur Aufrechthaltung des europ. Friedens, oft unter den schwierigsten Verhältnissen, gewirkt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 146-147.
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