Taurien

[376] Taurien hieß sonst das gegenwärtig Simferopol genannte Gouvernement des südl. europ. Rußland, welches die Halbinsel Taurien oder die Krim, die nördl. von derselben liegende krimsche oder nogaische Steppe, das Land der tschernomorskischen Kosacken und die zwischen der Kubanmündungen gelegene Insel Taman umfaßt: 1541 ! M. mit 380,000 Einw. (Vgl. Rußland.) Die Halbinsel Taurien oder die Krim, die alte Chersonesus taurica, ist mit dem Festlande durch die 1 M. breite Landenge von Perekop verbunden. Der nördl. Theil derselben ist eine baumlose Steppe mit einigen Salzseen, welche nur zur Viehzucht Gelegenheit bietet. Der südl. Theil wird längs der Küste von einem Kalkgebirge durchzogen, das im Tschadirdagh eine Höhe von 4740 F. erreicht. Hier findet man die schönsten Landschaften, waldige Höhen wechseln mit [376] fruchtbaren und wasserreichen Thälern. Das Klima ist mild; Wein, Südfrüchte, Obst gedeihen aufs beste. Die im N. der Krim liegende krimsche oder nogaische Steppe ist holz- und wasserarm, doch sehr fruchtbar und wird von den räuberischen, meist mohammedan. nogaischen Tataren bewohnt. Die Insel Taman oder Tmutarakan hat merkwürdige Bergtheerquellen. – Das jetzige Taurien war zur Zeit des alten Griechenlands der Sitz der Scythen und Amazonen, doch gab es daselbst auch griech. Colonien. Eine große Anzahl verschiedener, nach Westen und Süden vordringender Völkerschaften setzten sich nacheinander in diesen Gegenden fest. Sie wurden dem röm. Reiche, später den griech. Kaisern unterworfen, und am Ende des 12. Jahrh. waren die Genueser Herren der Krim. Im 13. Jahrh. eroberten sie die Tataren und im 15. Jahrh. die Türken. Der Khan der Krim war türkischer Vasall. Unter Dolgorucki wurde die Krim 1771. von den Russen erobert und 1774 mußte die Pforte im Frieden zu Kutschuk-Kainardschi die Unabhängigkeit der Krim anerkennen. Noch aber rangen die Türkei und Rußland um den Einfluß auf die nur scheinbar unabhängigen Khane, bis der Khan Schahin Gheray sich ganz den Russen in die Arme warf und die Krim 1783 für russ. Eigenthum erklärt wurde, als welches sie von der Türkei im folgenden Jahre förmlich anerkannt wurde. Der von der russ. Regierung pensionirte Khan ging später nach der Türkei und wurde zu Rhodus auf Befehl des Großherrn 1787 hingerichtet. Seine in Simferopol lebenden Nachkommen haben Anspruch auf den türk. Thron, wenn die jetzt herrschende Familie aussterben sollte. Unter den Namen: Taurischer Chersones oder Taurien wurde die Krim 1784 dem russ. Reiche einverleibt; Potemkin, der zu ihrer Unterwerfung beigetragen, erhielt den Beinamen: der Taurier, und der kais. Titel wurde mit dem Zusatz »Zar des taurischen Chersones« bereichert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 376-377.
Lizenz:
Faksimiles:
376 | 377
Kategorien: