[651] Walther von der Vogelweide, als der bedeutendste und vielseitigste unter den deutschen Minnesängern (s.d.), sowie schon von seinen Zeitgenossen als Meister des Gesanges anerkannt, wurde um das Jahr 1170 von unbemittelten adeligen Ältern (nach unbewiesenen Angaben im Thurgau) geboren. Nach seinen eignen Worten lernte er in Östreich »singen und sagen«, im Ganzen ist jedoch wenig von seinen Lebensumständen ermittelt und er scheint seinen Aufenthalt oft verändert und viel gereist zu haben. Seit 1190 verweilte er an den Höfen der östr. Herzöge, des deutschen Königs Philipp von Schwaben, des Landgrafen Hermann von Thüringen und nahm an dem Sängerwettstreite oder Kriege auf der Wartburg Theil, befand sich nachher wieder in Wien, dann bei Kaiser Friedrich II., von welchem er ein Reichslehn erhielt und dem er auf seinem Kreuzzuge (1228–29) gefolgt zu sein scheint. Auch nachher verweilte er in Wien und soll nach 1230 in Würzburg gestorben sein. Gedankenfülle, malerische Schilderung, lebhaftes Nationalgefühl und der Unmuth über die von der Herrschsucht des Papstes und der ihm ergebenen Geistlichkeit in Deutschland angezettelten Spaltungen, Weltkenntniß, tiefe Auffassung, Scherz und witzige Feinheit, sowie eine ungekünstelte Mannichfaltigkeit der Versform und Reimweise sprechen sich dem Charakter seiner Dichtungen angemessen darin aus. Eine Darstellung von des Dichters Leben und Werken hat L. Uhland, »Walther von der Vogelweide« (Stuttg. 1823), und K. Simrock eine Übersetzung seiner Gedichte mit Erläuterungen von sich und W. Wackernagel (2 Bde., Berl. 1833) herausgegeben.