Wangenheim

[652] Wangenheim (Karl Aug., Freiherr von), geb. 1773 zu Gotha, ein durch seine Theilnahme an der Bildung der würtemberg. Verfassung und sein Wirken als würtemberg. [652] Bundestagsgesandter vorzüglich merkwürdiger Staatsmann, erhielt zu Jena und Erlangen seine wissenschaftliche Bildung und begann im ehemaligen Fürstenthume Baireuth seine amtliche Laufbahn bei einer richterlichen Behörde. Später ging er in sachs.-koburg.- saalfeld. Dienste über und war Director der Landesregierung, als Meinungsverschiedenheiten mit dem dirigirenden Minister Kretschmann 1804 plötzlich W.'s Entlassung herbeiführten. Auf seine Beschwerde beim Reichshofrathe ward zwar auf sofortige Wiedereinsetzung und Schadloshaltung erkannt, dies Urtheil aber bei eintretender Auflösung des deutschen Reichs nicht vollzogen. Durch Aufträge des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen nach Würtemberg geführt, ward er dort im Nov. 1806 Präsident des Oberfinanzdepartements, allein wegen seiner geraden, ordnungschaffenden Thätigkeit versetzt und 1809 zum Präsidenten der Regierung, 1811 zum Präsidenten des Obertribunals und zum Curator der Universität zu Tübingen ernannt, wo er höchstverdienstlich gewirkt hat. Seine Schrift über den 1815 bekannt gewordenen Entwurf der würtemberg. Verfassung erregte zwar Misfallen am Hofe und bei den alten Ständen, dennoch ward W. im Oct. zum Mitgliede der Commission ernannt, welche die Verfassungsfragen berathen sollte, vor Beendigung dieser Arbeiten aber von dem inzwischen zur Regierung gekommenen Könige Wilhelm im Nov. 1816 als Cultusminister angestellt. Auch als solcher war er am Verfassungswerke eifrig thätig, nahm aber wegen der ihm entgegentretenden Ansichten des Finanzminister Malchus im Nov. 1817 seine Entlassung und ward nun würtemberg. Gesandter beim Bundestage. Auch in dieser Stellung bewährte W. seine ausgezeichnete und charakterfeste Wirksamkeit, ward aber dadurch unbequem und endlich wegen einiger im Militairausschüsse von ihm vorgetragenen »Notanima« von einem Bundesmitgliede sogar bundesverfassungswidriger Entwürfe beschuldigt, sowie endlich in Folge seines Vortrags über die Beschwerde der westfäl. Domainenverkäufer 1823 abberufen und als Staatsminister pensionirt. Wegen der frühern Beschuldigung hatte er eine Rechtfertigungsschrift an den Fürsten von Metternich gerichtet, die er auch durch den Druck bekannt machte, und lebte nun in Dresden und Koburg den Wissenschaften. Im J. 1831 ward er vom würtemberg. Oberamt Essingen in die zweite Kammer gewählt, seine Wahl aber für ungültig erklärt, weil die Verfassung fodere, daß die Abgeordneten im Lande wohnhaft sein müßten, welche Angelegenheit ihn zur Herausgabe einer besondern Schrift (Tüb. 1832) veranlaßte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 652-653.
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