[385] [385] Petersburg. 1) Gouvernement im nordwestl. Teil des Europ. Rußlands, am Finn. Meerbusen und am Ladogasee, 53.768 qkm, 2.112.033 E.
2) P., richtiger Sankt P. (russ. Sanktpeterburg), auch Petrograd (bei den Slawen) und Piter (im Volksmunde), zweite Hauptstadt des Russ. Reichs und Residenzstadt der russ. Kaiser, am Ausfluß der Newa [Karte: Europäisches Rußland I, 1], zum Teil auf Inseln (Wassilewskij –, Peterburgskij –, Aptekarskij-Ostrow, Jelagin u.a.) gelegen, in 2-8, auf den Inseln in 0-3 m Seehöhe, so daß bei Hochwasser die tiefer liegenden Stadtteile überschwemmt werden; hat (1904) 1.354.200, mit den Vorstädten (prigorodki: die Schlüsselburger, Poljustrower, Ljeßnoj- und Peterhofer Vorstadt) 1.578.200 E., darunter 45.000 Deutsche. P. zerfällt in 12 Stadtteile (der Admiralitäts –, Kasansche, Spaßkische, Kolomnaer, Narwaer, Moskauer etc.) und 38 Distrikte. Im Zentrum liegt der Admiralitätsplatz, von dem fächerartig ausstrahlen die Hauptstraßen: der Newskij Prospekt, die Gorochowaja und der Wosnessenskij Prospekt; viele Paläste (Winterpalast, Anitschkow –, Marmor –, Taurisches Palais u.a.); gegen 400 Kirchen (die russ.-orthodoxe Isaakskathedrale, die Kirche der Kasanschen Mutter Gottes, Peter-Paulskirche mit den Sarkophagen der russ. Kaiser, das Alexander-Newskij- Kloster u.a., die luth. Peter-Pauls –, die kath. Katharinen- und St. Annenkirche u.a.), zahlreiche Denkmäler (Peters I., Nikolaus' I., Kutusows, Puschkins, Krylows, Gogols u.a.).
Behörden. Verwaltung. P. ist Sitz der militär., polit. und geistl. Zentralbehörden des Russ. Reichs, ferner des Metropoliten, des Militär –, des Zivilgouverneurs, des Stadthauptmanns von P. Der Stadtrat (duma) besteht aus 149 Mitgliedern, an der Spitze die Stadtverwaltung mit dem Stadthaupt (Bürgermeister). Jährliches Budget in Einnahme und Ausgabe 30-40 Mill. Rubel. – Bildungswesen, Vereine. Universität (1816 gegründet), Technische Hochschule, Geistl. Akademie, Kath. Geistl. Akademie (1842 aus Wilna her verlegt), Berginstitut, Kaiserl. Rechtsschule, Alexanderlyzeum, Historisch-philol. Institut, Weibliches Mediz. Institut u.a.; zahlreiche Gymnasien und andere Fach- und Mittelschulen für Knaben und Mädchen. Die Akademie der Wissenschaften (1725 gegründet, mit großer Bibliothek, naturwiss. und andern Sammlungen) und der Künste (seit 1754), die Kaiserl. Bibliothek (1,5 Mill. Bände, 33.300 Handschriften), Kunstsammlungen (die Eremitage mit berühmter Gemäldegalerie, Museum Alexanders III. u.a.), wissenschaftliche Gesellschaften (die Freie ökonomische Gesellschaft, die Geogr. Gesellschaft u.a.), drei kaiserl. und mehrere Privattheater, zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten, darunter das Findelhaus (seit 1772).
Verkehrswesen. Außer zahlreichen Droschken (16.000), Omnibuslinien u.a. gibt es Pferde- und Dampfstraßenbahnen, Dampfschiffahrt auf der Newa, Fontanka, Mojka und dem Jekaterinenkanal; sieben Bahnhöfe für den Verkehr der Eisenbahnen nach Moskau und Wologda, Witebsk, Warschau, Reval und Oranienbaum, Helsingfors, Sestrorjezk, Irinowka. Durch den Seekanal nach Kronstadt ist P. auch für Seeschiffe zugänglich.
Industrie und Handel. P. ist eine der wichtigsten Fabrikstädte Rußlands (Produktion jährlich etwa 210 Mill. Rubel), am wichtigsten Baumwollspinnerei und Weberei, Eisengießereien und Maschinenfabriken (die Obuchowschen, die Putilowschen Werke), Lederfabriken u.a., die kaiserl. Fabriken für Glas, Edelsteinschleiferei, Porzellan. Der Handelsumsatz wird auf jährlich 1800 Mill. Rubel berechnet. Kreditinstitute: die Reichsbank, die Internationale Kommerzbank, die Petersburger Diskontobank, die Russ. Bank für auswärtigen Handel, die Wolga-Kama-Bank u.a. Über den Schiffsverkehr s. Textbeilage bei Artikel Rußland. – Der älteste Teil von P. ist die Peter-Paulsfestung auf einer Newainsel, 1703 von Peter d. Gr. gegründet; seit 1712 Residenz. – Vgl. Zabel (»Kunststätte«, 1905).