[481] Beethoven, Ludwig van, Ludwig van, wurde den 17. Dezember 1770 (nach einer andern Angabe den 16. Dezember 1772) zu Bonn geboren, wo sein Vater Tenorsänger in der kurfürstlichen Kapelle war. Frühzeitig entwickelte sich sein gewaltiges Talent für die Tonkunst; schon im 9. Jahre begann er zu componiren, und ein Jahr später überraschte er schon durch seine freien Phantasien auf dem Clavier. Sein erster Lehrer war van der Eden, diesem folgte der Hoforganist C. G. Neefe. So ausgebildet und durch die Munificenz des kunstsinnigen Kurfürsten unterstützt, ging er 1792 nach Wien, um sich unter der Leitung des großen Haydn (s. d.) in der Composition zu vervollkommnen. Haydn wurde nicht nur des jungen genialen Mannes Lehrer, sondern auch sein väterlicher Freund. Unter seiner Leitung studirte er Bach's und Händel's Werke und ging zu den Meisterwerken seines Lehrers und Mozart's über. Zu gleicher Zeit bildete er sein Clavierspiel noch weiter aus, daß er bald für einen der ersten Virtuosen auf diesem Instrumente galt. Auch der berühmte Albrechtsberger widmete sich seinem Unterrichte. Im Jahre 1801 starb sein großmüthiger Gönner, der Kurfürst; Beethoven verlor dadurch die Aussicht zu einer Anstellung in Bonn und blieb auf das Zureden seiner Freunde in Wien. Schon jetzt hatten seine Compositionen einen großen Ruf. Im Jahre 1809, als [481] Oestreich unter dem Drucke des Krieges seufzte, Kunst und Wissenschaft mit darunter litten, und Beethoven eine bittere Täuschung erfahren hatte, sehnte er sich fort aus der Kaiserstadt und strebte nach einer auswärtigen festen Anstellung. Unglückliche Liebe verdüsterte seine Seele, und schlug seinem Herzen eine Wunde, die nie heilte; aber ihre Wonnen und Schmerzen lernte er jetzt aussprechen mit der Feuerzunge seiner Töne. Der König von Westphalen, Hieronymus, kam seinem Wunsche zuvor und bot ihm eine Kapellmeisterstelle an seinem Hofe an. Da aber vereinigten sich die Fürsten Lobkowitz und Kinsky mit dem Erzherzog Rudolf und setzten dem Tondichter einen Jahrgehalt von 4000 Gulden aus, unter der einzigen ehrenvollen Bedingung, Oestreich nie zu verlassen. Nun folgten in einer Reihe von Jahren seine gefeiertsten Werke: den Simphonien, dem Fidelio, der Adelaide etc., noch die Schlacht von Vittoria, Egmont, Schiller's Hymne an die Freude, Mignon und eine Reihe der genialsten Werke. Von allen Seiten wurden ihm glänzende Auszeichnungen zu Theil; er blieb derselbe, einsam, finster, zurückgezogen, menschenscheu, aber mit einem Herzen voll Liebe für alle Menschen, tief im Innern fühlend Wonne und Weh, Liebe und Begeisterung einer ganzen Welt und sie kund gebend in gewaltigen Akkorden. Er dichtete meist im Freien, im Walde, emporblickend durch das Blättergrün zu dem unermeßlichen blauen Himmelsgewölbe, lauschend den leisesten Athemzügen der Natur und dem Wehen der Liebe, die durch das Weltall säuselt. Noch düsterer aber gestaltete sich des Dichters äußeres Leben, als er das Gehör verlor, als er die Sprache der Muse, seiner bräutlichen Göttin, nicht mehr hören, seinen eigenen Gebilden nicht mehr lauschen konnte. Immer noch schaffend blieb der Genius, und er entzückte Andere am Claviere, während sein Auge nur die Bewegung der Tasten sah. 1826 begann seine sonst kräftige Gesundheit zu wanken und er starb am 26. März 1827, tief betrauert nicht nur von seinen Freunden, nicht nur von ganz Wien, sondern von der[482] ganzen civilisirten Welt. »Wir haben,« hieß es damals, »einen großen Todten zu beweinen, eine Sonne ist untergegangen!« Sein Leichenbegängniß wurde mit fürstlicher Pracht begangen, Sänger trugen seinen Sarg, 8 Kapellmeister hielten das Bahrtuch, alle ausgezeichneten Gelehrten und Künstler Wien's trugen die Fackeln, hochstehende Männer aller Klassen und ein Theil der Bevölkerung folgte dem Zuge nach dem Gottesacker. Wien's erste Dichter weihten ihm ihre Gesänge, drei verschiedene Requiem wurden gehalten, und auch an andern Orten wurde ihm in der Kirche und auch auf der Bühne manche Todtenfeier geweiht. Seine Werke sie werden ewig leben, unvergänglich schön; sie sind die Erzeugnisse des gewaltigsten Geistes in der Tonkunst. Die himmelanstürmende Macht seiner Sprache wird an der Themse wie an der Newa, am Tajo wie an der Seine, an den Borden des atlantischen Oceans, wie an den Ufern des Mittelmeeres vernommen, wo sie rührt, begeistert, entzückt, hinreißt. Beethoven war eine kräftige gedrungene Gestalt, seine Stirne wunderschön, seine Augen tiefsinnig, geistblitzend, sein Lächeln bezaubernd. Freunde haben ihm auf dem Währinger Kirchhofe einen Grabstein errichtet. (S. Schlosser's Biographie Beethoven's, und Beethoven's Studien von R. v. Seifried, Anhang. Wien etc.)
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