Botanische Gärten

[146] Botanische Gärten Der Ursprung dieser für die Wissenschaft ungemein nützlichen Anstalten verliert sich in das graue Alterthum, fast in die fabelhafte Vorzeit. Theophrast schon soll der Sage nach den ersten Pflanzengarten angelegt haben. Ihm folgten die Könige Attalus, Philometor von Pergamus und Mithridat Eupator von Pontus, beide bemüht, Gifte und Gegengifte zu ziehen. Im Mittelalter, zu Anfang des 14. Jahrhunderts finden wir jedoch den ersten eigentlichen botanischen Garten in Salern, angelegt von Matthäus Sylvaticus, dem im Jahr 1333 ein öffentlicher medicinischer Garten in Venedig folgte, dessen Pflanzen von Amadei gemalt wurden, welches Kunstwerk noch jetzt aufbewahrt wird. Italien behielt noch eine geraume Zeit den Ruhm allein, im[146] Besitz solcher botanischer Gärten zu sein, obgleich sie meistens nur officinelle Pflanzen enthielten. Dann folgten Frankreich, Holland, und im Jahre 1633 auch Deutschland und England dem guten Beispiele. Wie weit man es in unsern Tagen mit diesen vortrefflichen Anstalten gebracht, beweist der Umstand, daß nicht allein sämmtliche Universitäten und viele größere Gymnasien, sondern auch die meisten Residenzen, Luftschlösser und andere bedeutende Privatbesitzungen botanische Gärten aufzuweisen haben. Diese haben sich natürlich mit der größern Kenntniß der inländischen und ausländischen Pflanzenwelt und der weitern Verbreitung der Wissenschaft ebenfalls ausgedehnt. War man sonst nur darauf bedacht, Giftpflanzen und andere, in den Apotheken zu benutzende Kräuter, Sträuche und Früchte zu ziehen, so werden jetzt mit Hilfe der Gewächs- und Treibhäuser, alle Welttheile und Klimas in denselben ersetzt; und wem Zeit und Verhältnisse nicht gestatten, die Kräfte der Natur in den verschiedenen Ländern zu studiren, der kann in allen großen botanischen Gärten Ersatz für die mangelnden Risen finden. Die reichsten und größten botanischen Gärten in Deutschland finden wir in Schönbrunn, Berlin, Göttingen, Herrnhausen bei Hannover, Schwetzingen und im Belvedere bei Weimar. England zeichnet sich durch den königlichen Garten zu Kew, durch den Chelsea-Garten und den in Liverpool aus. In Frankreich ist der königliche Garten zu Paris unstreitig der größte, in Italien der turiner Universitätsgarten, in Spanien der königliche Garten zu Madrid, in Dänemark der kopenhagener Universitätsgarten. Der russische Graf Alexis Rasumowsky darf seinen bei Moskau gelegenen botanischen Garten den vornehmsten anderer Länder zur Seite stellen, und der bedeutendste außer Europa möchte wohl in Calcutta, der ostindischen Compagnie gehörend, zu finden sein

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 146-147.
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