[394] Georgien. 1) Russisch-Georgie oder Grusien, das Land am südlichen Abhange des Kaukasus zu beiden Seiten des Kur, umfaßt 870 Quadrat M. und wird von 300,000 Menschen bewohnt. Das Klima ist mild, sogar heiß, der Boden bis in die höhern Gebirgsthäler hinauf sehr fruchtbar, die Gebirge enthalten eine Fülle von Edelsteinen, Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei etc., [394] werden aber von den trägen Einwohnern wenig ausgebeutet. Die Einwohner, wahrscheinlich Abkömmlinge der alten Tataren, bekennen sich zur griech. Religion, sind aber (wie neuere Reisende berichten) abergläubisch und sittenlos und der Schwelgerei und Streitsucht ergeben. Sie theilen sich in Adelige und Leibeigene; Jene ahmen in Prunk und Verschwendung den Persern nach. Unter russischer Hoheit ist nunmehr die innere Verfassung des Landes geregelt, für die Volkserziehung Sorge getragen und durch hinlängliche Militärmacht den räuberischen Einfällen der Grenzbewohner ein Damm entgegengesetzt worden, und so hebt sich Georgien, besonders da sich viele Ansiedler aus Persien und der Türkei, sogar Schweizer und Deutsche hier niedergelassen haben. Die Hauptstadt ist Tiflis (s. d.). Nicht zu verwechseln mit dieser Provinz ist 2) das türkische Georgien (Tschaldir), das Land der schönen Georgierinnen, dieser herrlichen Blumen des Orients, der Zierden der Harems türkischer und persischer Großen, der Mütter so vieler mächtigen Sultane. Es liegt als ein Theil des armenischen Hochlandes von Kars, dem schwarzen Meere, und dem russ. Asien begrenzt 4000 Fuß hoch. Berggipfel von 8000 Fuß Hohe umkränzen es malerisch, das Klima ist mild, die Luft balsamisch, die Thäler und Abhänge, mit einer üppigen Vegetation geschmückt, sind paradiesisch zu nennen. Und hier wohnen jene dunkeläugigen, schlanken, herrlich geformten Frauen, mit welchen nur die Cirkassierinnen um den Preis der Schönheit wetteifern können, die, obgleich leider ein Handelsartikel, doch in den Augen des Osmanen höhern Werth haben, als der funkelnde Diamant Golkonda's, als der prächtige Opal Turkestans. Sie zeichnen sich durch Geist und Gewandtheit aus, leben aber in gleicher Abhängigkeit und unter gleichem Drucke, wie die Perserinnen, welchen sie in Kleidung und Sitten gern nachahmen. Man verheirathet die Töchter, wenn man es nicht vorzieht, dieselben auf die Frauenbazars der Levante zu schicken, in frühester Jugend, um sie den Nachstellungen der[395] Großen zu entziehen, oder gibt sie in Frauenklöster, deren Anzahl hier sehr groß ist. Nichts gleicht dem sanften und dennoch feurigen Blicke dieser holden Wesen, nichts ihrer schlanken Gestalt und der Zartheit und Frische ihrer Farbe. Nebst den Grusiern wohnen noch Armenier, Türken und Juden in dem gesegneten Lande, wo der Wein wild wächst und Mais, Weizen, Gerste, Gummi, alle Obstgattungen etc. in reicher Fülle gedeihen.
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