Georgien [1]

[204] Georgien (von den Russen Grusien [in neuester Zeit Gouvernement Tiflis], von den Persern Gurdschistan, von den Eingeborenen Iberien genannt), Gouvernement des russischen Trans-Kaukasien. Der Flächenraum wird in verschiedenen Quellen von 1300 bis zu 2000 QM., die Einwohnerzahl eben so schwankend von 4–700,000 angegeben; es zerfällt in die Verwaltungsbezirke Kakheti, Karthli, Mingrelien u. Gurien, von denen die ersten drei das eigentliche G. bilden. Dies wird durch den Kaukasus (nördlich) von Tscherkessien getrennt u. grenzt im O. an Daghestan, im SO. an Schirwan, im S. an Eriwan (Russisch-Armenien), im W. an Türkisch-Armenien, im NW. an Imeretien; 832 (872, nach Andern gegen 1000) QM.; gebirgig (Vorberge des Ararat u. Zweige des Kaukasus, mit Schneegipfeln, darunter Ziri); Flüsse: Kur (schiffbar bei Tiflis) mit den Nebenflüssen Mamzinari, Thedsma, Khzia, Khsani, Alazani u.a. (mit fruchtbaren Thälern), mehrere Seen; Klima angenehm, aber sehr veränderlich; die Winter kurz, bisweilen sehr viel Schnee, aber nur selten anhaltendes Eis bringend; Temperatur im Allgemeinen von – 10° bis + 26° R.; der Boden fruchtbar, die Cultur des Bodens aber sehr gering; ProducteGetreide (namentlich Mais), Wein (gut u. viel), Südfrüchte, Obst, Hanf, Holz; Pferde, Büffel, Kameele, fettschwänzige Schafe, Bären, Wölfe, Luchse, wilde Schweine u. anderes Wild; im Sommer bisweilen große Schwärme Heuschrecken, welche die Maisfelder u. Weinberge verheeren; Seiden- u. Bienenzucht; reichlich edle u. unedle Metalle (aber noch nicht ausgebeutet) u. edle Steine; Münzen: Sami Abisebi (in Silber, 60 Kopeken werth), Abast (in Silber, 20 Kopeken), Usalumi (10 Kopeken), Tschauroi (5 Kopeken); das Längenmaß Adeli (3 Fuß 4 Zoll). Von den Einwohnern (gegen 500,000 insgesammt) gehören 3/4 dem eigentlichen georgischen Stamme an, die übrigen sind eingewanderte Turkomanen, Osseten, Armenier u. Juden. Die Georgter od. Grusier sind kaukasischer Abstammung, wohlgebildet (namentlich die Frauen durch Schönheit ausgezeichnet), bieder, gastfrei, reinlich, freiheitsliebend, doch etwas träg, sowie grenzenlos rachsüchtig, dem Trunke ergeben, geistig an sich nicht unbegabt, aber durch den langen Druck sehr herabgekommen. Sie treiben Acker- u. Seidenbau, wohnen in Dörfern von 20–30 Häusern, jedes zu 2–3 Stock, doch auch zum Theil an einigen Orten unter die Erde gebaut; manche Dörfer haben zum Schutz gegen Räuber hohe Schießthürme. Die Industrie steht noch auf ziemlich geringer Stufe (Teppiche, Baumwollen- u. Eisenwaaren). Der Handel hat sich, seit G. unter russischer Herrschaft ist, gehoben u. ist namentlich in Tiflis ziemlich bedeutend. Die Georgier theilen sich in Adel u. Leibeigene, gehören ihrer Religion nach zur Griechischen Kirche, sind sehr unwissend u. in den Gebräuchen sehr abweichend (Georgische Kirche). Das Oberhaupt der Kirche (sonst Katholikos genannt) genießt große Ehre, der Bilderdienst ist noch auffallender als bei den Griechen. Ihre Mönche u. Nonnen bekennen sich zur Regel des St. Basilius. Ihre Sprache, s. Georgische Sprache. Georgische Stämme sind: eigentliche Grusier, Mingrelier, Leshi, Suanen. Wappen: der heilige Georg in weißem Felde. G. theilt sich in sechs Kreise: Tiflis, Gori, Thelawi, Jelisawethpol, Signach, Akhalzike; wird aber auch bisweilen noch nach der alten Eintheilung in Karthli (Kartalinem westlich), Kakheti (östlich), Samcheti (Mittel), Gandscha getheilt. Hauptstadt Tiflis.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 204.
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