[404] Ausringmaschinen. In den allermeisten Fällen werden lose Wolle oder Baumwolle, Garne und Stücke, die in der Bleiche oder Färberei in irgendwelche Flüssigkeit getaucht waren, bevor man sie in eine andre Flüssigkeit oder zum Waschen gibt, auf mechanischem Wege vom Ueberschuß der ihnen anhängenden Flüssigkeit befreit, wenn die Reaktionen in den Bädern und auf den Fasern der Reihe nach einen glatten Verlauf nehmen sollen. Ohne jede Ausnahme aber entnäßt oder entwässert man die Ware nach dem letzten Waschen im Wasser, um das nachfolgende Trocknen an der Luft, in der Warmhänge oder auf den mit Dampf geheizten Trockenmaschinen zu erleichtern, zu beschleunigen, bezw. durch Kohlen- oder Dampfersparnis zu verbilligen. Die Hilfsmittel für die mechanische Reinigung und Entwässerung richten sich nach der Form des in Arbeit genommenen Materials. Lose Wolle oder Baumwolle wird ausgepreßt; Garnsträhne ringt (oder wringt oder windet) man aus; Stückware wird ausgequetscht, solange man kontinuierlich arbeitet, und sie wird ausgeschleudert (zentrifugiert), wenn die voneinander abgetrennten Stücke möglichst viel Flüssigkeit verlieren sollen.
Rohe Schafwolle wird wiederholt während des Waschens auf dem Leviathan (s. Wollwäsche) und nach dem Reinwaschen ausgequetscht. Es dienen hierfür Quetschwalzenpaare, denen die Wolle von einem Elevator bezw. von einem endlosen Zuführtisch zugeschoben wird. Von den beiden horizontalen Metallwalzen ist die untere im Seitengestell der Waschmaschine[404] fest gelagert, während der oberen, mit Seil umwickelten, mit Hebel, Zugstange und Pufferfeder belasteten Walze Spielraum für eine elastische Bewegung in senkrechter Richtung gelassen ist. Die Wolle, von den beiden Walzen vorne erfaßt, wird zwischen ihnen durchgeführt, ausgepreßt und von einem endlos laufenden Abführtisch auf der entgegengesetzten Seite entweder in einen zweiten Trog der Waschmaschine oder in einen Lagerkasten abgeliefert.
Garnsträhne, bisweilen auch lose Wolle, werden von überschüssiger Flüssigkeit durch eine hydraulische Presse befreit. Die Ware befindet sich in einem auf dem Preßtisch stehenden, oben offenen Rollwagen mit durchlöcherter Seitenwandung. Die obere Gegenplatte der hydraulischen Presse aber trägt einen senkrecht nach unten gerichteten, mit Holz verkleideten Ansatz, der genau in den Innenraum des von unten heraufrückenden Warenkastens hineinpaßt. Beim Hochgehen des Preßkolbens und Preßtisches wird dieser Ansatz die Wolle oder Garne im Kasten von oben herunter zusammenpressen und die Flüssigkeit herausdrücken, die durch die Löcher in der Seitenwandung des Kastens ihren Ausweg findet. Garne wurden früher und werden noch in kleineren Bleicherei- und Färbereibetrieben in der Weise von Hand ausgewunden, daß man jeden einzelnen Strähn an einem horizontal in die Wand eingemauerten Holzpflock aufhängt, eine ungefähr 1/2m lange Holzwelle durch den unteren Sack des Strähns steckt und diese nun horizontal bald von rechts nach links, bald umgekehrt dreht, um einen großen Teil der Flüssigkeit aus dem Garne herauszuquetschen. Weniger Kraftanstrengung beansprucht das Zusammendrehen des nassen Garnes auf der Handwringe, bei der das Garn horizontal zwischen zwei an senkrechten Pforten beteiligten eisernen Haken aufgehängt wird. Der eine von beiden Haken ist unbeweglich, der andre wird mit einer Handkurbel um seine horizontale Achse gedreht, wodurch das Ausquetschen oder Ausdrücken des Garnes erfolgt. Bei der Ausring- oder Wringmaschine ist das Zusammendrehen der Strähne einer Antriebsscheibe und Zahnradübersetzung überlassen, die zwischen zwei nebeneinander gestellten Bottichen montiert sind (s. die Figur). Die zwei benachbarten Seitenwände der Bottiche haben je eine Verlängerung nach oben, in die je ein um seine horizontale Achse drehbarer Haken eingelassen ist, und von den beiden gegenüberliegenden Seitenwänden schaut je ein nicht drehbarer und rechtwinklig nach oben gebogener Widerhaken zum Drehhaken hinüber. An diesen beiden Haken wird über jedem der beiden Tröge ein Strähn horizontal aufgehängt und dann das Zahnradgetriebe in Bewegung gesetzt, um das Garn zusammenzudrehen. Da hierbei der Strähn sich zusammenzieht, so ist den beiden nicht drehbaren äußeren Widerhaken in der Richtung gegen die inneren Drehhaken eine horizontale Verschiebung gestattet, der jedoch beiderseits ein abwärtshängendes Gegengewicht so viel elastischen Widerstand leidet, daß die erforderliche horizontale Spannung des zusammengewundenen Strähns erhalten bleibt. Zugleich liegt der Strähn auf einem schief laufenden endlosen Lattenboden, der die ausgepreßte Flüssigkeit (oder auch Schlichte) von ihm abstreift und nach unten in den Trog fallen läßt. Mit der zweiseitigen Ausring- oder Auswindmaschine von A. Wenner in Manchester (s. die Figur) soll ein geübter Arbeiter in einer Stunde 40 Bündel à 1 kg auswinden können. Eine Garnauswindmaschine andrer Art wird von Duncan Stewart & Co. in Glasgow gebaut. Sie ist in mehreren englischen Türkischrotgarnfärbereien eingeführt und besteht aus zwei großen Scheiben, die auf einem horizontalen Wellbaum einander vis-à-vis aufgesteckt sind. Senkrecht auf der Peripherie jeder dieser Scheiben sitzen mehrere Haken einander gegenüber, die gleichzeitig um ihre Achsen sich zu drehen und im Raum zwischen den beiden Scheiben in horizontaler Richtung sich zu nähern vermögen. Die in der Oelemulsion eingeweichten Garnsträhne werden, je zwischen zwei gegenüberliegenden Haken hängend, ausgewunden, indem man die beiden Scheiben eine Viertelsumdrehung um ihre Achse machen läßt, wobei die zwei Haken sich in umgekehrtem Sinn um ihre eignen Achsen drehen und zugleich der Verkürzung des Strähns in horizontaler Richtung nachgeben. Die nächste Viertelsumdrehung der Scheiben gibt dann den Haken eine entgegengesetzte Bewegung, öffnet den ausgewundenen und zusammengedrehten Strähn wieder und legt ihn auf einen schrägen Tisch hinter der Maschine ab. Für die teilweise Entwässerung von Garnsträhnen dient auch ein selbständig montierter Quetschapparat, dessen Preßwalzen entsprechend der oben angeführten[405] (mit dem Leviathan verbundenen) Vorrichtung zum Ausdrücken der losen Schafwolle angeordnet sind. Die beiden gußeisernen, stark beschwerten Quetschwalzen, die in der Minute 1015 Umdrehungen machen, empfangen die Garne vorne von einem von unten nach oben schief gestellten Rollentisch und legen die entnäßten Garne hinter der Maschine auf einen von oben nach unten schief abfallenden, glatten Tisch ab. In dieselbe Kategorie gehört ferner die Wring-, häufiger Quetschmaschine genannt, die in den Baumwollstückbleichen auch unter dem Namen Squeezer bekannt ist. Die Ware geht, stückweise zusammengenäht, kontinuierlich und im Strang zwischen den zwei schmalen Quetschwalzen hindurch, wird von ihnen ausgepreßt und hinter der Maschine auf den Haufen gelegt, worauf man sie breit macht und über die heiße Zylindertrockenmaschine gehen läßt. Ein Squeezer mit Walzen von wesentlich geringerem Umfang, aber von der Länge einer ganzen Stückbreite, findet Verwendung, um breitgelegte Stücke zu entnässen, entfernt sich somit ein gutes Stück von dem Auswinden am Pflock, das ursprünglich auch mit Stückware vorgenommen wurde. Man begegnet der Breitquetsche zwar als selbständiger Maschine, noch öfter aber findet man ein derartiges, mit Hebeln beschwertes Quetschwalzenpaar an Jiggern und Rollenkufen angebracht, um die breitlaufenden Baumwollstücke während des Durchzugs oder beim Verlassen des Apparats kräftig auszudrücken. Der Vollständigkeit halber soll auch noch der Wasserkalander kurz hier erwähnt werden, sofern er dazu dient, für manche Artikel die nassen Baumwollstücke über ihre ganze Breite gleichmäßig zu entnässen, bevor sie feucht gestärkt werden. Entschieden das gründlichste und gleichmäßigste Ausringen nasser Wolle, Garne oder Stücke (in der Bleiche und Färberei) besorgt die Schleuder- oder Schwingmaschine (s. Zentrifuge); nur unterbricht sie in der Fabrikation der Stückwaren das kontinuierliche Arbeiten und wird deshalb in großen Betrieben am zweckmäßigsten verwendet, wenn die zum Trocknen schließlich fertigen Stücke einzeln vorgetrocknet werden. Die Schleudermaschine mit stehender Drehachse ist vor ungefähr einem Menschenalter zum erstenmal in den Färbereilokalen der Baumwolldruckereien aufgetaucht und hat seitdem immer mehr Anerkennung und Verbreitung in der gesamten Textilindustrie sowohl als auch in der chemischen Industrie gefunden. In den ersten Zeiten wurde sie mit einer Handkurbel getrieben, was heute noch bei den Zentrifugen kleinerer Färbereien und Waschanstalten zu sehen ist. Dann folgten die Zentrifugen mit mechanischem Friktionsantrieb oberhalb der für die Aufnahme der Ware bestimmten senkrechten Trommel, deren zylindrische Seitenwand aus vielfach durchlochtem Kupferblech, wohl auch aus starkem Kupferdraht besteht. Die neueren Konstruktionen der vertikalen Schleudermaschinen haben den direkten Riemenantrieb unterhalb der Warentrommel adoptiert und durch diesen Unterbetrieb einen weit ruhigeren Gang der von einem starken gußeisernen Schutzmantel umgebenen und ca. 3000 Umdrehungen in der Minute machenden Trommel erreicht, neben dem weiteren großen Vorteil, daß die in der Trommel liegende Ware nicht wie beim Oberbetrieb der fortwährenden Gefahr ausgesetzt ist, von oben her durch Schmieröltropfen verunreinigt zu werden. Um die verschiedenen Methoden und Apparate für das Entnässen und Entwässern von Textilstoffen miteinander zu vergleichen, hat Grothe [1] besondere Versuche mit seidenen, wollenen, baumwollenen und leinenen Stücken und Garnen angestellt und im Durchschnitt gefunden, daß, wenn durch Ausringen 45% und durch Auspressen 69% des Wassergehalts aus einer nassen Ware entfernt werden, die vertikale Zentrifuge bei viertelstündiger Umdrehung 80% davon ausschleudert.
Literatur: [1] Grothe, H., Appretur der Gewebe, Berlin 1882, S. 116. Fernere Quellen: Meißner, G., Die Maschinen der Appretur, Färberei und Bleicherei, Berlin 1872; Herzfeld, J., Das Färben und Bleichen, 2. Teil, Berlin 1890; Zipser, J., Apparate der Wäscherei, Bleicherei, Färberei und Druckerei, Leipzig und Wien 1894.
(Kielmeyer) R. Möhlau.
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