Ballonverfolgungsinstrumente [2]

[72] Ballonverfolgungsinstrumente sind Spezialtheodoliten. Man verfolgt den Ballon mit Doppelvisierung von zwei telephonisch miteinander verbundenen Standorten aus, wobei die abgemessene Basis zweckmäßig quer zur wahrscheinlichen Richtung liegt, in der der Ballon treiben wird. Aus den gemessenen Punkten im Raum berechnet man Windrichtung und Windgeschwindigkeit in den verschiedenen Höhen. Aus den Abweichungen von einer konstanten Steiggeschwindigkeit oder einer gleichförmigen Aenderung derselben findet man auch die Z-Komponente der Luftbewegung. Da diese als gleichförmige Bewegung mit einheitlichem Vorzeichen nur gering ist (m/Min.), und als Schwankung mit wechselnden Vorzeichen herausfällt, sobald man die Berechnungspunkte weit genug auseinander wählt und ausgleicht, wird im allgemeinen nur ein Theodolit zur Ballonverfolgung verwendet, wobei die Steiggeschwindigkeit des Ballons bekannt sein muß. Diese ist beim Gummiballon, der unveränderlichen Auftrieb hat, sehr[72] nahe konstant und durch Versuche und Rechnung beim Papierballon für verschiedene Größen und Gewichte aus Doppelvisierungen bekannt. Dies ist die heute allgemein übliche Methode der Höhenwindmessungen.

Die Ballonverfolgungstheodolite sind durch folgende Eigenschaften charakterisiert: – Das Fernrohr in durchbrochen, so daß das Auge in die horizontale Drehungsachse hineinsieht, wie bei einem Meridianinstrument. Die Kreise (Skalen) sind ohne Kopfdrehung abzulesen, wenn man vom Fernrohr zur Seite sieht. Die Dioptereinrichtung ist längs des Fernrohrs angebracht. Die Drehung des Fernrohres in der horizontalen und vertikalen Ebene erfolgt mit Schrauben ohne Ende; für beide Kreise genügt eine rohe Libelle zur Nivellierung, ebenso eine rohe Dosenlibelle zur Justierung des Instruments. Als Einteilungseinheit der Kreise genügen Zehntelgrade (infolge der Schwankungen der Z-Bewegung der Luft und der Ungenauigkeit der Kenntnis über die Steiggeschwindigkeit des Ballons). Das Instrument von Bosch-Straßburg (von de Quervain entworfen) ist durch kleines Gesichtsfeld und starke Vergrößerung gekennzeichnet. Wegen der Kleinheit des Gesichtsfeldes ist es aber besonders für Anfänger schwer, den Ballon mit ihm im Gesichtsfeld zu behalten. Sein Vorteil besteht darin, daß man mit ihm, wenn man geübt ist, einen Ballon infolge der besseren Optik weiter verfolgen kann als mit anderen Konstruktionen. Weitere Konstruktionen sind von Bunge-Berlin, Fueß-Steglitz und Bamberg. Hartmann & Braun-Frankfurt a.M. wählt zur Schnellablesung eine Zahnradübertragung auf einen Zeiger mit Scheibe, die in Zehntelgrade geteilt ist nach Art einer Uhr. Tetens-Lindenberg hat vorgeschlagen, die aufrechte Achse der Theodoliten horizontal zu legen, um die schwierigen raschen Azimutänderungen zu umgehen, die bei windschwachem Wetter die Verfolgung des Ballons in der Nähe des Zenits erforderlich macht. Der Goniograph von Wentzel spart dem Beobachter das Fortblicken vom Fernrohr; man fixiert auf einem die Kreisteilung ersetzenden Papier durch einen Stift den Winkel, den man dann nachträglich abliest. Der noch nicht sehr handliche Registriertheodolit von Schoute erlaubt Registrierung der Winkel.

Für das rasche und bequeme Auswerten der Beobachtungsreihe sind am gebräuchlichsten zwei Geräte, von Ludolph (entworfen vom schwedischen Kapitän Glund) und Jacob; weniger gebräuchliche sind von Wichmann, von Ulson und Köppen entworfen.


Literatur: Die hauptsächlichste Literatur findet sich in Zeitschrift für Instrumentenkunde, Meteorologische Zeitschrift, Physik der freien Atmosphäre und Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium. An Autoren sind besonders zu nennen: de Quervain, Hergesell, Ambronn, Tetens.

Kurt Wegener.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 72-73.
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