Biberschwänze

[770] Biberschwänze (Flachziegel, Zungenziegel), Dachsteine, welche die Form eines länglichen, an der einen Schmalseite verschieden abgerundeten, zugespitzten oder ausgeschnittenen Rechtecks besitzen, das entweder unterhalb der entgegengesetzten Schmalseite mit einem Vorsprung zum Aufhängen an der Dachlatte, einer Nase, versehen ist (s. Fig. 1 rechte Seite) oder am oberen Ende 1–2 Löcher zum Einschlagen der zur Befestigung dienenden Nägel besitzt.

In Preußen ist seit 1888 ein Normalformat für Biberschwänze aufgestellt: 36,5 cm Länge, 15,5 cm Breite und 1,2 cm Dicke. Die zulässige Abweichung von diesem Normalformat ist höchstens 5 mm in der Länge und Breite und höchstens 3 mm in der Dicke. Die Biberschwanzdächer werden je nach der Bedeutung der zu deckenden Gebäude in verschiedener Weise gedeckt. Die einfachste Deckungsweise hat das Spließdach. Der Name stammt von den zur Deckung und zum Schutz gegen Durchregnen an jeder Längsfuge unten angebrachten Spließen (Schindeln), d.h. ca. 5 cm breiten Spänen aus Eichen- oder Kiefernholz, die mit Holzkonservierungsmitteln getränkt oder auch durch Zinkstreifen oder Dachpappestreifen ersetzt werden. Beim Spließdache sind die Latten, auf denen die Nasen der einfach nebeneinander gereihten Biberschwänze aufgehängt werden, möglichst genau 20 cm voneinander entfernt. Für 1 qm Spließdach, dessen Neigung nicht unter 45 o sein sollte, sind 35 Dachziegel nötig. Das Gewicht von 1 qm Spließdach beträgt inklusive Sparren, Latten und Mörtel ca. 90 kg (Fig. 2). – Beim Doppeldach ist die Lattung nur 15 cm weit voneinander entfernt und trägt je eine Reihe Biberschwänze, so daß jeder Stein den andern mehr als zur Hälfte überdeckt. Die Eindeckung erfolgt im Verbände, so daß jeder Stein eine Fuge deckt, und wird meist in Mörtel gelegt, auf sogenannte böhmische Art. Ein Quadratmeter benötigt dabei 50 Ziegel und besitzt ein Gewicht von 120 kg. Die Dachneigung ist dabei wenigstens 40°. – Das Kronendach, auch Ritterdach genannt, besitzt 24 cm Lattenmittelentfernung und jede Latte trägt durchweg eine doppelte Ziegelreihe, weshalb stärkere Latten zu verwenden sind. Die Ziegel werden alle mit Längs- und Horizontalmörtelfugen auf böhmische Art verlegt, und zwar im Verbände. Es ist das solideste Biberschwanzdach und läßt leicht Reparaturen zu. Auf 1 qm Kronendach benötigt man 55 Normalziegel; das [770] Gewicht beträgt ca. 130 kg (Fig. 4 und 4a) ; Dachneigung 331/3º mehr. – Die Biberschwänze werden in den Ziegeleien entweder durch Handstrich oder mittels Strangpressen hergestellt. Die Maschinenziegel haben zur gleichmäßigen Wasserabfuhr bisweilen erhöhte Längsstreifen und Längsrinnen, wodurch auch die Lüftung des Daches befördert wird. Außer aus Ton, der nach der Formung scharf gebrannt wird und eine reiche Belebung der Dachflächen durch farbige Glasuren einzelner Dachziegel zuläßt, werden auch Dachsteine aus einer Mischung von Zement und Sand hergestellt (Zementplatten).


Literatur: Koch, H., Dachdeckung, Handbuch der Architektur, Stuttgart, 3. Teil, Bd. 2, Heft 5, S. 106 ff.

Dümmler.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 4a.
Fig. 4., Fig. 4a.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 770-771.
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