[557] Glasuren, im Feuer erzeugte, glasartige Ueberzüge auf Tonwaren, Metallen u. dergl., die einesteils den Zweck der Verzierung haben, andernteils die Oberfläche dichten bezw. gegen die Einwirkung andrer Stoffe schützen sollen.
Zur Herstellung der Glasuren verwendet man Kieselsäure und Silikate, wie Quarz, Feuerstein, Infusorienerde, Feldspat, Pegmatit, Ton u.a., die mit basischen Stoffen, wie Bleiglätte, Mennige, Eisenoxyd, Zinkoxyd, Kalk, Magnesia, Alkalien, zur Glasmasse zusammengeschmolzen werden. Die Kieselsäure kann teilweise durch Borsäure ersetzt werden, welche die Glasur leichtflüssiger macht. Sind die verwendeten Stoffe in Wasser löslich, so ist es geboten, dieselben durch Zusammenschmelzen mit Kieselsäure oder Silikaten in unlösliche Verbindungen überzuführen. Man nennt eine solche Schmelze die Glasurfritte. Ost können solche Fritten in feingemahlenem Zustande direkt als Glasur Verwendung finden; manchmal ist es jedoch nötig, daß man dieselben noch mit andern Stoffen, wie Ton, Feldspat, Kieselsäure, versetzt, die daher Glasurversatz genannt werden. Sind die betreffenden Substanzen in Wasser unlöslich, so können dieselben, in feinstgemahlenem Zustande und in zweckdienlichen Mengen zusammengemischt, ohne zusammengefrittet zu werden, als Glasur Verwendung finden, wodurch ein billigeres Fabrikat erzielt wird.
Die chemische Zusammensetzung der Glasuren ist eine sehr Schwankende und beginnt mit etwa anderthalbfachem Silikat. Die zur Glasbildung erforderlichen Basen bezeichnet man als Flußmittel, und machen dieselben eine Glasur um so leichtflüssiger, je höher ihr Molekulargewicht ist. Die vorzüglichsten Flußmittel sind: Bleioxyd, Kali, Natron, Kalk und Baryt. Ein geringer Zusatz von Tonerde macht die Glasuren härter und beständiger, beeinflußt aber den Glanz derselben; hoher Tonerdezusatz erhöht den Schmelzpunkt der Glasuren und ruft Trübung derselben hervor.
Bei Verwendung nicht gefärbter Materialien zur Herstellung der Glasur erhält man farblose Gläser; durch Zusatz von Metalloxyden kann dieselbe beliebig gefärbt werden. So gibt beispielsweise Kobaltoxyd blaue, Manganoxyd violette, Chromoxyd grüne, Eisenoxyd rote bis braune Farbentöne, Zinnoxyd macht die Glasur weiß und undurchsichtig; gewöhnlich nennt man letztere Email. Soll irgend ein Stoff zum Färben in die Glasur eingeführt werden, so läßt man denselben in äquivalenter Menge Verbindungen ähnlicher Art vertreten. So werden äquivalente Mengen SiO2 durch Zinnoxyd, Tonerde durch Eisen- oder Chromoxyd, Kalk durch Manganoxyd ersetzt. Zinnoxyd findet meist nur für bleihaltige Glasuren Verwendung. Zur Herstellung der Emaillen verascht man metallisches Bleioxyd und Zinn in erforderlichen Mengen durch Erhitzen, wobei man den sogenannten Aescher gewinnt, der zur Herstellung der Glasur verwendet wird. Durchsichtige Bleiglasuren werden mit Hilfe der Oxyde wie Glätte und Mennige sowie unter Verwendung der in der Natur vorkommenden Schwefelverbindung Bleiglanz erzeugt. Zur Einführung der Alkalien verwendet man Feldspat oder andre Alkali enthaltende Mineralien neben den im Handel vorkommenden alkalischen Salzen, die jedoch ihrer Leichtlöslichkeit wegen zu schwerlöslichen Doppelsilikaten eingefrittet werden müssen. Kalk und Baryt kommen als natürliche kohlensaure Salze, wie Marmor, Kreide, Witherit, oder schwefelsaure Verbindungen, wie Gips und Schwerspat, zur Verwendung. Magnesia wird meist als Magnesit oder Magnesia usta in die Glasur eingeführt. Zinkoxyd wird als solches verwendet; Tonerde findet sich in den Tonen und Feldspaten vor. Zur Herstellung der Farben werden die rein dargestellten Oxyde der bezüglichen Elemente bevorzugt, insofern solche nicht in hinreichender Reinheit in der Natur bereits vorkommen.
Vor der Verwendung der Glasur ist es nötig, daß die Masse in eine seine, milchige Trübe (Glasurschlempe) verwandelt wird, was man durch Feinmahlen mit Wasser erreicht. Hierzu dienen die sogenannten Glasurmühlen mit Bodenstein und Läufer oder auch aus Porzellanmasse hergestellte Kugelmühlen. Das Auftragen geschieht entweder mit dem Pinsel oder durch Begießen der Ware mit der Glasurschlempe bezw. Eintauchen in dieselbe oder auch mittels eines Zerstäubers. Für feinere Waren wird die Glasur auf den gebrannten (geschrühten) Scherben, für billigere Fabrikate auch auf den lufttrockenen oder lederharten Scherben aufgetragen. Das Aufbrennen der Glasur auf bessere Fabrikate geschieht in Muffelöfen, auf gewöhnliche Töpferwaren und Ziegel auch im offenen Feuer, was für Steinzeug unbedingt erforderlich ist. Eine jede dauerhafte Glasur muß ihrem Träger, dem Scherben oder Metall, angepaßt sein, d.h. beide müssen in ihren Ausdehnungskoeffizienten übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, so machen sich Glasurfehler bemerkbar, welche die Brauchbarkeit und den Wert der Ware beeinträchtigen.
Derartige Glasurfehler sind: Zerreißen der Glasur oder Abspringen derselben von der Unterlage. Ist beim Erkalten die Zusammenziehung der Glasur eine größere als die der Unterlage, so muß ein Zerreißen der Glasur eintreten, und es entstehen in derselben sogenannte Haarrisse, deren Menge um so zahlreicher ist, je größer der Unterschied in den Ausdehnungskoeffizienten von Glasur und Unterlage. Ist die Ausdehnung der letzteren die größere, so findet ein Abspringen der Glasur statt, was sich besonders an den Rändern und Ansätzen der Waren bemerkbar macht. Treten derartige Fehler bei glasierten Metallen auf, so kann denselben nur durch Abänderung der Glasur vorgebeugt werden. Bei Tonwaren ist sowohl eine Abänderung der Glasur als auch des Scherbens möglich, um gut glasierte Waren zu erzielen. Der Ausdehnungskoeffizient einer Glasur ist durch die chemische Zusammensetzung derselben bedingt. Der Ausdehnungskoeffizient des Scherbens ist sowohl von der chemischen Zusammensetzung als auch von der Beschaffenheit der Bestandteile und dem Brenngrade desselben abhängig. Sollen[557] glasierte Tonwaren in demselben Feuer gebrannt werden, so muß der Schmelzpunkt der Glasur mit der Garbrandtemperatur des Scherbens übereinstimmen.
Man unterscheidet Bleiglasuren, Emaillen und Erdglasuren. Bleiglasuren zeichnen sich durch leichte Schmelzbarkeit und hohen Glanz aus. Ihre Zusammensetzung schwankt zwischen PbO · 1,5 SiO2 und
Je nach ihrer Zusammensetzung liegt der Schmelzpunkt zwischen dunkler Rotglut und etwa 1150° C. Durch Einführung von färbenden Metalloxyden können die Bleiglasuren beliebig gefärbt werden. Dieselben finden Verwendung für Fayence, Majolika, irdenes Geschirr, Ziegelfabrikate und Terrakotten. Emaillen sind milchig getrübte, undurchsichtige Glasuren. Sie können sowohl bleihaltig als auch bleifrei sein. In ersterem Falle sind sie durch Zinnoxyd weiß gefärbt und entsprechen etwa folgender Zusammensetzung:
Die bleifreien, leicht schmelzbaren Emaillen sind Silikate, deren Basen aus Baryt, Kalk, Magnesia und Alkalien bestehen, deren Kieselsäure durch äquivalente Mengen Borsäure vertreten ist und die Zinnoxyd oder Tonerde ihre weiße Farbe verdanken. Auch die Emaillen lassen sich durch Metalloxyde färben. Sie finden vielfach Verwendung für Steingut, Ziegelwaren und Terrakotten, ebenso zur Verzierung von Metallen. Die Erdglasuren sind die widerstandsfähigsten, zugleich aber schwerst schmelzbaren Glasuren. Zu ihnen gehören die Porzellan- oder Feldspatglasuren. Sie werden zusammengesetzt aus weißem Ton bezw. Kaolin, Feldspat, Quarz, Marmor und Magnesit und bilden Tonerde-, Kalk-, Alkalisilikate, die in ihrer Zusammensetzung vielfach variieren. Sie finden Verwendung für Porzellan, besseres Steingut sowie Ziegelwaren. Um den Gefahren vorzubeugen, die durch Bleiglasuren von schlechter Beschaffenheit verursacht werden, hat man für irdene Waren (Bunzlauer Geschirr) Glasuren aus Ton unter Zusatz von Alkalien, sogenannte Lehmglasuren, hergestellt. Dieselben finden Anwendung für Steinzeug, Töpfergeschirre und Ziegelwaren. Eisenglasuren sind Eisenoxydulsilikate, die zum Glasieren von Ziegeln, namentlich Dachziegeln, vielfach Verwendung finden. Eine Glasur von der Zusammensetzung FeO · 2SiO2 schmilzt etwa bei Kegel 3 und zeigt eine schieferblaue Farbe mit mattem Glanz. Salzglasur wird durch Einstreuen von Kochsalz in die Glut nach erlangter Gare der Fabrikate erzeugt; hierbei verdampft das Kochsalz und zersetzt sich an den glühenden Waren unter Abscheidung von Natron, das mit der Oberfläche des Scherbens eine dünne, aber sehr dauerhafte Glasur bildet. Diese Glasur erfordert einen im Feuer gut stehenden Ton und findet namentlich für Steinzeug Verwendung, z.B. für die salzglasierten Krüge des Kannebäckerlandes sowie für Wasserleitungsröhren.
Literatur: Tenax, B.P., Die Steingut- und Porzellanfabriken, Leipzig 1879; Schumacher, W., Die keramischen Tonfabrikate, Weimar 1884; Segers gesammelte Schriften, Berlin 1895; Anteil, H., The Manufacture of Glazed Bricks and Sanitary Ware, London 1898.
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