[400] Kartoffeltrocknung. Die Kartoffel ist infolge ihres hohen Nährwertes für Mensch und Vieh eines der wichtigsten Produkte unserer Landwirtschaft.
Da die Kartoffel im rohen Zustand jedoch sehr der Fäulnis ausgesetzt ist, ferner durch die Lagerung in Mieten und Kellern durch das Keimen u.s.w. einen Teil ihrer Stärke verliert, so ist es seit langem das Bestreben gewesen, die Kartoffel in ein Dauerprodukt umzuwandeln. Laut Statistik gehen uns pro Jahr etwa 50 Millionen Zentner durch Fäulnis verloren, dieses sind 10% der gesamten deutschen Ernte. Je nach der Qualität besteht die Kartoffel aus 1226,5% Stärke, höchstens 5,8% festen Bestandteilen und ca. 6883% Wasser. Um die Kartoffel nun in ein Dauerprodukt zu verwandeln, muß ihr das überschüssige Wasser entzogen werden, so daß in dem Endprodukt nur 1315% Wasser verbleiben. Nassere Produkte werden durch Schimmel wertlos; trockenere herzustellen verteuert die Verarbeitungsunkosten. Es gehören also zu 1 Zentner Trockengut 3,8 Zentner Rohkartoffeln von 18% Stärke. Man hat in der Hauptsache vier Verfahren: 1. die Flockenfabrikation, 2. das Schnitzel-, 3. das Preß- und 4. das Dörrverfahren. Betrachten wir zuerst die Flockenfabrikation. Die im Keller lagernden Kartoffeln werden vermittelst einer Schwemmrinne vor die Wäsche gebracht und durch einen Elevator in dieselbe gehoben. Als Schwemmwasser verwendet man das Schmutzwasser der Wäsche. Dieses fließt dann aus dem Keller heraus, falls die Grundwasserverhältnisse es gestatten, oder es wird durch Pumpen, Elevatoren, Schnecken oder dergl. herausgehoben, um im Klärbassin gereinigt zu werden. Nachdem die Kartoffeln in der Wäsche (ähnlich der Rübenwäsche) genügend gereinigt sind, werden sie durch den Elevator in den Kartoffelvorratskasten, der im Turm aufgestellt ist, geschafft. Der Kartoffelkasten soll so groß sein, daß er das für eine Schicht nötige Quantum faßt. Zur genauen Betriebskontrolle bringt man unter dem Vorratskasten eine automatische Wage an, die ihren Inhalt in eine unter ihr liegende Transportschnecke entleert, die ihrerseits die Kartoffeln zu den Dämpfern schafft. Hier werden die Kartoffeln mit 0,81 Atmosphären gedämpft, wobei der zum Dämpfen nötige Dampf der Abdampf der Maschine ist. Es sind pro Zentner Rohkartoffeln 1720 kg Dampf erforderlich. Das Kondensat der Dämpfer wird mit dem sich bildenden Fruchtwasser auch in die Klärgrube geleitet. Aus den Dämpfern fallen die Kartoffeln in einen über oder neben dem Trockenapparat angebrachten Vorratskasten, von wo sie allmählich dem Trockenapparat zugeführt werden. Diese Apparate bestehen aus zwei[400] sich gegeneinander drehenden Walzen, die mit Dampf von 48 Atmosphären geheizt sind. Die Umfangsgeschwindigkeit dieser Walzen beträgt 10 bis 14 m in der Minute. Man unterscheidet zwei Arten von Apparaten: 1. mit nach innen und 2. nach außen drehenden Walzen. Bei den nach innen drehenden Walzen ist über dem Apparat ein Rührwerk angebracht, das die Kartoffeln zerquetscht und gleichmäßig auf die Walzen aufträgt; bei dem Apparat mit nach außen drehenden Walzen werden die Kartoffeln von unten zugeführt und durch Walzen oder ähnliche Vorrichtungen aufgetragen. Durch die bei der Kondensation des Dampfes in den Walzen frei werdende Wärme wird aus dem festgeklebten[401] Kartoffelbrei das überschüssige Wasser verdampft und nach einer Dreivierteldrehung der Walzen durch Messer abgeschnitten. Das getrocknete Produkt fällt in langen Bändern oder Schleiern in die Flockensammelschnecke. Der sich bildende Brüden wird bei den nach innen drehenden Walzen durch eine Absaugvorrichtung entfernt, bei den nach außen drehenden Walzen durch einen Schlot abgeführt. Das Kondenswasser der Walzen wird durch eine Heißwasserpumpe mit 130140° dem Kessel wieder zugeführt, so daß letzterem nur der Dampfverbrauch der Maschine als Frischwasser zugespeist werden braucht.
Als Besonderheit sei erwähnt, daß auf dem Markt auch Apparate sind, deren Walzen, statt mit Dampf, mit hocherhitztem Oel beheizt werden. Das Oel wird durch eine Pumpe gezwungen, ständig den Kreislauf zwischen Apparat und Oelerhitzer zu machen. Dieser Typ ist wie die mit Dampf beheizten patentamtlich geschützt. In der Flockensammelschnecke werden die Bänder oder Schleier durch die Transportarme zerrissen und zu dem Flockenelevator geschafft, der seinen Inhalt in eine Sortiertrommel hebt, die ihrerseits nasse und zu große Flocken ausscheidet. Der besseren Betriebskontrolle wegen kann man hinter diese Trommel eine automatische Wage einschalten. Die guten Flocken werden nun durch ein Gebläse oder andre geeignete Transportmittel auf die Flockenböden geschafft, wo sie bis zum Verbrauch lagern. Die schlechten Flocken werden entweder nochmals mit gedämpften Kartoffeln auf die Apparate gebracht oder durch geeignete Maschinen zerrissen und den guten Flocken beigegeben. Um 1 Zentner Rohkartoffeln zu trocknen, gebraucht man 3040 kg Dampf und trocknet pro qm/Stunde Walzenoberfläche 0100 kg Kartoffeln. Die vorstehenden Fig. 14 stellen eine Anlage mit drei Apparaten 7 ar, die jeder pro Stunde 20 Zentner Rohkartoffeln verarbeiten; die Anlage ist nach Angaben des Zivilingenieurs P. Rüters-Berlin vom Bund der Landwirte ausgeführt. 2. Das Schnitzelderfahren. Wie bei der Flockenfabrikation werden hier die Kartoffeln gereinigt, doch dann im rohen Zustand von einer Schnitzelmaschine zerkleinert. Die Schnitzel werden dann durch einen Elevator in die mit Feuergasen beheizte Trommel geschafft. Durch deren innere lamellenartige Einrichtung werden die Schnitzel gezwungen, allmählich durch die sich drehende Trommel zu wandern. Die Heizgase werden nebst dem sich bildenden Brüden durch einen Exhaustor abgezogen und durch einen Staubabscheider geblasen. Nachdem die Schnitzel noch eine Kühltrommel passiert haben, fallen sie durch geeignete Vorrichtungen in die Säcke. Vor der rotierenden Trommel ist eine Koksfeuerung angebracht, deren Feuergase durch Hinzufügung von Frischluft auf 250300° abgekühlt werden. Fig. 5 und 6 stellen eine Anlage nach dem System der Rheinischen Dampfkessel- und Maschinenfabrik Büttner, Uerdingen, dar. Bei einem andern System werden die Schnitzel gezwungen, durch mehrere untereinanderliegende Transportschnecken zu wandern, durch die auch Heizgase hindurchstreichen (ähnlich der Rübenschnitzeltrocknung).[402] 3. Das Preßverfahren. Hierbei werden die gereinigten Kartoffeln zerrieben und dann vermittelst hydraulischer Pressen zu Kuchen geformt. Das in dem abgepreßten Wasser enthaltene Eiweiß wird durch ein besonderes Verfahren zurückgewonnen. Dieses wie 4. das Dörrverfahren sind im Betrieb noch nicht rationell, und muß man die Ergebnisse weiterer Versuche abwarten. Die nach den oben angeführten Verfahren hergestellten Trockenprodukte eignen sich nur zur Verfütterung an das Vieh, dem es im trockenen oder aber auch im aufgeweichten Zustand gereicht wird. Für den menschlichen Genuß eignen sich nur die Flocken, nachdem in Walzenstühlen die anhaftenden Schalen abgeschieden sind. Das so entstandene Kartoffelwalzmehl kann dem Mehl bei der Brotzubereitung u.s.w. zugesetzt werden, es hat auch bei der Marine und dem Landheere als Konserve Verwendung gefunden.
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