Lichtpausen

[161] Lichtpausen, die mittels besonderer auf Lichtwirkung beruhender Prozesse zumeist unmittelbar nach Werkzeichnungen, Plänen u.s.w. (also ohne das photographische Aufnahmeverfahren, s. Photographie) gewonnenen Kopien.

Da die Originalzeichnungen selbst zum Kopieren benutzt werden müssen (also ohne erst ein Negativ zu verfertigen), sind sie auf möglichst durchsichtigem, dünnem Papier oder auf Pausleinen mit stark deckender Tusche (welcher Kaliumbichromat oder Gummigutt zugesetzt werden kann) herzustellen.

Die am häufigsten benutzte, weil am leichtesten durchführbare und die wenigsten Fehlresultate ergebende Lichtpausmethode ist das negative Eisenblaudruckverfahren, welches Kopien mit weißer Zeichnung auf blauem Grunde ergibt. Die Herstellung des lichtempfindlichen Papiers erfolgt durch Präparieren »photographischen Rohpapiers« (oder andern guten holzfreien Papiers) bei gedämpftem Tageslicht mit gemischten Lösungen von grünem Ammoniumferrizitrat (25 Teile und 60 Teile Wasser) und rotem Blutlaugensalz (9 Teile Kaliumferricyanid und 60 Teile Wasser, Valenta), und zwar durch Bestreichen mit einem Pinsel. Kräftige Pausen erhält man, wenn die lichtempfindlichen Salze in kleisterhaltigem Wasser gelöst werden (z.B. 20 Teile Mondamin, in kaltem Wasser verrührt, werden unter Umrühren in 500 Teilen kochenden Wassers eingetragen. In den auf 40° C. abgekühlten Kleister schüttet man möglichst konzentrierte Lösungen von 50 Teilen rotem Blutlaugensalz und 45 Teilen grünem zitronensauern Eisenoxydammoniak und fügt 1/4 Teil Karbolsäure hinzu). Die Mischung ist sofort zu verstreichen und das Papier soll schnell durch künstliche Wärme (natürlich unter Lichtabschluß) völlig getrocknet werden. Aufgerollt und in Büchsen mit Chlorcalcium aufbewahrt, hält sich solcherart bereitetes Papier monatelang. Bei der fabriksmäßigen Herstellung von Eisenblaudruck-Lichtpauspapier als Handelsartikel verwendet man besondere Streichmaschinen und Rollenpapier von 75 oder 100 cm Breite, 10 m Länge und 75–150 g pro Quadratmeter schwer. Sehr wichtig ist die Leimung. Sie soll nur »etwas mehr als dreiviertel« und fettfreie Harz-, keine Kasein- oder Eiweißleimung sein. Folgende Vorschriften geben ein mehrere Monate haltbares Papier (wenn es gegen Licht und Feuchtigkeit gut verwahrt wird) von großer Empfindlichkeit. I. Für glattes (satiniertes), sehr hartes und stark geleimtes Papier aus reinem Zellstoff, und zwar für etwa 500–600 qm Streichfläche: 3000 g Eisenammoniumzitratlösung (1000 g grünes Ammoniumferrizitrat auf 2 l Wasser), 1333 g rote Blutlaugensalzlösung (333 g Ferricyankalium auf 1 l Wasser), 500 g Dextrinlösung (1 : 10) und 10 g Kaliumbichromatlösung (1 : 10). II. Für sehr weiches Papier mit starkem Baumwollzusatz gelangen dieselben Lösungen von Ammoniumferrizitrat und Ferricyankalium mit weiteren 5 l Wasser (ohne Dextrin und Kaliumbichromat, welche die Blaupausen auf dem andern Papier brillanter machen) zur Anwendung. Zusatz von 10 g Oxalsäure, in 100 g Wasser gelöst, steigert die Empfindlichkeit, verringert aber die Haltbarkeit, weshalb man davon nur während der Wintermonate Gebrauch machen soll (Lux). Das Kopieren muß im Sonnen-, kräftigen Tages- oder elektrischem Lichte genügend stark erfolgen, bis der belichtete Grund braun erscheint; die von der Tuschzeichnung geschützten Stellen bleiben gelb. Durch die Lichtwirkung wird das Eisenoxyd zu Eisenoxydul reduziert, welches dann – die Kopie wird in Wasser fixiert und erscheint hernach blau – mit dem Ferricyankalium Turnbullblau bildet. Die blaue Farbe der Eisendrucke kann durch Behandlung der fertigen Kopie mit Chemikalien geändert werden. In Grün: durch Baden in 10 prozentiger kochender Bleiacetatlösung, Waschen in Wasser, Eintauchen in kaltgefättigter Kaliumbichromatlösung und abermaliges Waschen in Wasser. In Braun: durch Baden in kochender 10 prozentiger Tanninlösung, dann in lauer 2 prozentiger Aetznatronlauge und Waschen in Wasser. In Schwarzviolett: durch Baden in konzentrierter Boraxlösung oder in 2 prozentiger Aetznatronlauge (bis zum Verschwinden des Bildes), dann in konzentrierter Gallussäurelösung und Waschen in Wasser. In Violett: durch Baden in 7 prozentiger Kupfervitriollösung (mit Ammoniak bis zum Auflösen des Niederschlags versetzt) und Waschen mit Wasser (Probst). Rotorange Lichtpausen erhält man, wenn der Eisenblaulösung (s. oben) etwas gesättigte Chlorkupferlösung zugesetzt oder das Papier vorher mit solcher getränkt wird. – Das geschilderte Eisenblaudruckverfahren wird auch für Kopien nach photographischen Negativen benutzt (Cyanotypie, vgl. Kopierverfahren im Art. Photographie).

Positive Lichtpausen, nämlich solche mit blauer Zeichnung auf weißem Grunde, lassen sich mittels des Pelletschen Gummieisenverfahrens (positiver Eisenblaudruck) gewinnen. Man sensibilisiert das Papier mit einem Gemisch von 20 Teilen Gummiarabikumlösung (1 : 5), 8 Teilen einer Lösung von braunem Ammoniumferrizitrat (1 : 2) und 5 Teilen Eisenchloridlösung, welches Gemenge (Pizzighelli), anfangs dünnflüssig, schließlich die Konsistenz von Butter annimmt und so verstrichen wird. Es muß rasch im Finstern getrocknet werden. Die Kopie wird mit gelber Blutlaugensalzlösung (1 Teil Kaliumferrocyanid auf 2 Teile Wasser) durch Bestreichen mit einem Pinsel entwickelt (es bildet sich hierbei nur an den nichtbelichteten, von der schwarzen Zeichnung geschützt gewesenen eisenoxydhaltigen Bildstellen Berlinerblau, während die belichteten Partien des Fonds, an denen das Eisenoxyd zu Eisenoxydul reduziert wurde, nur einen weißen Niederschlag annehmen), rasch mit Wasser abgestrahlt, mit verdünnter Salzsäure (1 : 10) behandelt (wobei die Gummischicht des Grundes entfernt wird und nur das Blaubild auf dem Papier verbleibt) und nochmals gewaschen. Der positive Eisenblaudruck ist weit umständlicher in der Durchführung als die »negative Methode«, und das allerdings sehr lichtempfindliche »Gummieisenpapier« kann wegen der geringen Haltbarkeit nicht als Handelsprodukt geführt werden.

Lichtpausen mit weißer Zeichnung auf braunschwarzem Grunde erhält man[161] mittels der Eisensilberverfahren (Sepiadruck, Kallitypie u.s.w.). Zum Beispiel das von Arndt & Troost in Frankfurt a. M. als Handelsartikel erzeugte »Sepiablitzlichtpauspapier« ist 4–5mal lichtempfindlicher als das gewöhnliche Eisenblaudruckpapier. Das verwendete lichtempfindliche Gemisch enthält Ammoniumferrizitrat, Silbernitrat, Weinsäure und Gelatine. Die vom Lichte getroffenen Stellen (das Ferrisalz wird reduziert und schlägt metallisches Silber nieder) werden dunkelgelblich und durch Waschen der Kopien mit Wasser tiefbraun und genügend fixiert. Fixiernatronlösung (1 : 50) noch angewendet, verbessert den Farbenton. Kopien auf Sepiablitzlichtpauspapier können gleichsam als Negative in der Lichtpauserei verwendet werden. Man erhält dann auch mit den »negativen Methoden« positive Pausen.

Positive Kopien mit schwarzer Zeichnung auf weißem Grunde ergeben die sogenannten Tintenkopierprozesse (Eisengallusdruck). Sie beruhen darauf, daß Gallussäure nur mit den vom Lichte unzersetzten Ferrisalzen (also an den Bildstellen) tintenschwarze Niederschläge (beim Baden der Kopien in oxalsäurehaltiger Gallussäurelösung) bildet, während die belichteten Stellen (wo Ferrosalze entstanden) dagegen weiß bleiben oder nur geringe Schwärzung annehmen, die beim Waschen mit Wasser verschwindet. Die im Handel erhältlichen Eisengalluslichtpauspapiere brauchen nur in Wasser entwickelt zu werden, weil bei der Erzeugung auf das trockene lichtempfindliche Papier bei 100° C. getrocknete Gallussäure (allein oder mit Weinsäure u.s.w. gemischt) in Pulverform aufgebürstet wird. Für die Herstellung von Galluseisenlichtpauspapier im großen löst man in 8 l Wasser von 40° C. 450 g weiche Gelatine und 175 g Weinsäure, filtriert und vermengt mit 2000 g Eisenchloridlösung (400 g wasserfreies Eisenchlorid auf 1000 g Wasser) und 200 g schwefelsaures Eisenoxyd (Ferrisulfat). Nach mehrtägigem Stehen wird die gallertartige Masse flüssig und gebrauchsfähig (Lux). Sie ist, im Dunkeln aufbewahrt, mehrere Monate lang haltbar. Die Schicht soll dünn gemacht werden und das gestrichene Papier nicht vor 8 Tagen in Gebrauch kommen. – Um billigere Papiersorten verwenden zu können, wird das Papier nach dem D.R.P. Nr. 140176 mit fettsauerm Alkali (Seife) getränkt und die Seife dann durch Säure oder Alaun zersetzt. Die dadurch bewirkte Umhüllung der Papierfasern mit einem fetten Körper verhindert eine schädliche Einflußnahme der Eisensalze und auch ein zu tiefes Eindringen der lichtempfindlichen Substanz.

Vorzügliche positive Kopien mit dunkler (aus unvergänglicher Schwärze bestehender) Zeichnung auf weißem Grunde lassen sich mittels der Negrographie von Itterheim gewinnen. Gutgeleimtes, mit Chromatgummi (25 Teile orangegelber Senegalgummi, 100 Teile destilliertes Wasser, 4–6 Teile Kaliumbichromat und 1 Teil Alkohol) im Dunkeln bestrichenes und getrocknetes Papier wird unter der Zeichnung belichtet. Hierbei wird die Gummischicht an den Fondstellen unlöslich, während das Gummi an den Bildpartien bei der nun folgenden Entwicklung mit Wasser entfernt und dadurch das Papier bloßgelegt wird. Man läßt trocknen und überstreicht mittels Pinsels oder Schwamms das ganze Blatt mit Schwärze (5 Teile Schellack, 100 Teile Alkohol und 15 Teile Lampenruß). In stark verdünnte Schwefel- oder Salzsäure (2–3 prozentig) gebracht, kann schließlich vom Grunde der Kopien die Schwärze abgebürstet werden. – Bezüglich der andern noch mannigfach angewendeten Lichtpausverfahren, wie Silberdruck, Einstaubmethoden (Anthrakotypie), Anilin-, Primulindruck, Methoden mit fetten Farben u.s.w., wird auf die angegebene Literatur verwiesen.

Lichtpausapparate. Beim Kopieren von Pausen kleinen Formates benutzt man Rahmen von der Art der gewöhnlichen photographischen Kopierrahmen (s. Photographie). Beim Kopieren von Pausen sehr großen Formates bewähren sich Sacks pneumatische Lichtpausapparate sehr gut. Auf einem fahrbaren Untergestelle ruht in Zapfen in der Längsachse drehbar ein hölzerner Doppelrahmen. Der eine Rahmenteil trägt eine dicke Spiegelglasplatte, in dem andern ist ein Gummituch eingespannt. Nach Einlegen der Originalzeichnung und des Pauseblattes wird die zwischen Gummituch und Glasplatte befindliche Luft abgesaugt, wodurch ein ausgezeichneter Kontakt zwischen Original und Pauseblatt bei völlig gleichmäßiger Belastung der Glasscheibe zu erzielen ist. Hierauf dreht man den Rahmen, so daß die Glasplatte dem Tages- oder elektrischen Lichte zugewendet ist. Unter andern erzeugen Siemens & Halske in Berlin komplette Lichtpausereianlagen mit pneumatischen Kopierrahmen, elektrischen Lampen und Luftpumpe mit gekuppeltem Elektromotor, welcher nach Erreichung genügenden Vakuums in den Rahmen selbsttätig ausgeschaltet wird. Die Leistung derartiger Anlagen beträgt bei Verarbeitung von Eisenblaupauspapier oder Sepiablitzlichtpauspapier und 25 Ampere Stromstärke für eine Lampe pro Rahmen (Format 80 × 100 cm) etwa 16 qm Kopien, bei zwei Lampen pro Rahmen (Format 120 × 120 cm) ungefähr 24 qm Kopien in 10 Stunden.

Eine andre Vorrichtung für Großbetriebe ist der Haldensche elektrische Glaszylinderlichtpausapparat. Er besteht aus zwei Kristallglashalbzylindern, die durch zwei Ringe gefaßt und mit Stangen zu einem Ganzen vereinigt sind. In einem Ständer drehbar und zum Kippen montiert, werden mittels Spannvorrichtungen zwei Originale und zwei Pauseblätter auf dem Zylinder außen festgespannt. Nun in Vertikalstellung gebracht, läßt man im Innern des Zylinders eine Bogenlampe wiederholt auf und ab sich senken und steigen.

Der ähnlich konstruierte Halbzylinderlichtpausapparat, welcher für Kleinbetriebe gut geeignet ist, sowie der »Arcus«-Lichtpausapparat können sowohl für Tages- wie für elektrisches Licht benutzt werden. Beim letztgenannten ruht in einem Untergestell drehbar ein Rahmen mit gewölbter Spiegelglasscheibe, auf welcher infolge dieser Form Original und Pauseblatt durch Anziehen eines Segeltuchs mittels Rolle festgespannt werden können. – Die Star Photo-Printing-Machine von Rondinella in Philadelphia und einige andre Lichtpausapparate gestatten die Verwendung von sehr langen Papierbahnen sowie die Benutzung von Sonnen- oder künstlichem Lichte. – Um das lästige Abtropfen der entwickelten Kopien zu verhindern, benutzt man die Philippsche Abstreifvorrichtung, welche aus zwei mit Gummibahnen versehenen Metallstäben besteht, zwischen welchen hindurch die Bogen aus der[162] Wässerungsschale herausgezogen werden. – Bei den Maschinen zum »Streichen« von Lichtpauspapier passiert in der Regel das Papierband eine sehr rasch rotierende, mit Filz bekleidete Walze, welche die lichtempfindliche Flüssigkeit aufträgt, gleitet dann unter einem Lineal, das den Ueberschuß abstreift, auf einen Tisch und wird schließlich getrocknet.


Literatur: Pizzighelli, G., Anthrakotypie und Cyanotypie, Wien 1881; Eder, J.M., Ausführliches Handbuch der Photographie, 4. Teil (oder 13. Heft), 2. Aufl., Halle a. S. 1899; Ders., Jahrb. f. Photogr. u. Reproduktionstechnik 1887 ff.; Stolze, Katechismus der Eisenkopierverfahren im allgemeinen und der Platinverfahren im besonderen, Halle a. S. 1905; Spörl, H., Die Lichtpausverfahren, Leipzig 1906.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 161-163.
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