Schotterprüfungen

[782] Schotterprüfungen bezwecken die Erprobung von Kies (natürlicher Schotter) oder von Kleinschlag (von Hand oder maschinell zertrümmertes Gestein) auf Verwendbarkeit zur Straßenbefestigung (Chausseen) oder als Bettungsmaterial im Eisenbahnbau.

Die Güte des Schotters ist hierbei abhängig von der Form und Größe der einzelnen Stücke sowie von deren Fertigkeit, d.h. im Straßenbau von dem Widerstande gegen Zertrümmern unter den Stößen der Wagenräder und den Hufschlägen der Zugtiere, und als Bettungsmaterial von dem Widerstande gegen den Druck der Schwellen. Von Bedeutung ist hierbei auch der Widerstand des Materials gegen die Einflüsse von Feuchtigkeit und Frost. Form und Korngröße bedingen die Güte des Schotters insofern, als sie zu mehr oder weniger dichter Lagerung und daher Verschiedenheiten in der Durchlässigkeit des Bettes führen; regelmäßige Stücke neigen ferner weniger zu Absplitterungen und Schlammbildungen als zackige. Die in dieser Beziehung an den Schotter zu Heilenden Anforderungen richten sich nach der beabsichtigten Verwendung und beruhen meist auf Erfahrungszahlen, die bei Probebettungen gewonnen sind. Im Straßenbau werden hiernach die einzelnen Lagen aus Material verschiedener Korngröße gefertigt, wobei das feinste Material zu der untersten und das gröbste zu der obersten Schicht, der Decklage, verwendet wird. Als Eisenbahnoberbaumaterial hat sich Schotter mit Korngrößen von 20–50 mm am besten bewährt. Die Prüfung der Korngröße erfolgt entweder mittels Ringen von bestimmter lichter Weite oder durch Siebversuche unter Verwendung von Sieben mit bestimmten Maschenweiten, die das Mengenverhältnis des Schotters an Stücken verschiedener Korngröße zu ermitteln gestatten. Zu beachten ist hierbei, daß das Ergebnis der Siebversuche nicht nur von der Gleichmäßigkeit der Siebe, sondern auch von deren Neigung sowie von der Intensität ihrer Bewegungen abhängt.

Das älteste Verfahren zur Bestimmung der Widerstandsfähigkeit von Straßenschotter gegen Zertrümmern durch Schleifen und Stoßen ist das französische von Deval [1]. Die Beanspruchung der Schotterprobe erfolgt in Schütteltrommeln, von denen mehrere (bis zu vier) mit derselben Welle verbunden sind. Durch Siebversuche wird festgestellt, um wieviel die Korngröße nach einer bestimmten Anzahl von Umdrehungen abgenommen hat. Das Material wird zum Versuch zunächst gewaschen und auf Sieben von 60 mm Maschenweite von allen größeren Steinen befreit. Dann werden 5 kg in jede Trommel aufgegeben. Die Umdrehungszahl beträgt 35 in der Minute. Nach 10000 Umdrehungen (5 Stunden) werden die Trommeln entleert und das Material von neuem gewaschen und nach dem Trocknen auf Sieben mit 1,6 mm Maschenweite abgesiebt. Das durchgehende seine Material wird gewogen und seine Menge in Hundertteilen des ursprünglichen Gesamtgewichtes als Grad der Abnutzung bestimmt. Die Versuche können nur relative Werte ergeben, man hat daher stets Parallelversuche mit einem bekannten Vergleichsmaterial anzustellen. Deval schreibt hierfür Porphyr vor. – In Frankreich und Bayern sind nach diesem Verfahren verschiedene Gesteinsarten untersucht, dann aus ihnen Probestraßen angelegt und an diesen Beobachtungen hinsichtlich des Verhaltens der Gesteine gegen gleiche Betriebsbeanspruchungen angestellt. Auf diese Weise sollen bestimmte Beziehungen zwischen den Versuchsergebnissen und dem Verhalten des Schotters im Betriebe gewonnen sein, die es ermöglichen, unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Betriebsinanspruchnahme im voraus festzustellen, wieviel Material zur Instandhaltung der Straßen notwendig ist, wenn es in der Trommel einen bestimmten Grad der Abnutzung zeigt.

Siebeneicher hat mit Pflastermaterial Schlagbohrversuche angestellt [2], indem er in einer Maschine, ähnlich einem Pochwerk (s. Fig. 1), eine Welle, die am unteren Ende mit einem Kreuzbohrer aus Gußstahl von 25 mm Durchmesser ausgerüstet war und 35,5 kg wog, aus 25 mm Hubhöhe auf die Probe herabfallen ließ, wobei die Welle jedesmal ein wenig gedreht und das[782] Bohrloch mit Wasser ausgespült wurde. Nach Fortschreiten der Bohrlochtiefe um je 20 mm wurde der Bohrer ausgewechselt. Als Maß für die Widerstandsfähigkeit des Gesteins wurde die Anzahl der Schläge ermittelt, die zur Erzielung von 80 mm Bohrlochtiefe erforderlich war. Weitere Verbreitung hat das Verfahren nicht gehabt. Es ist unzuverlässig, da der Wirkungsgrad gleicher Anzahl Schläge von den Eigenschaften der Bohrer und ferner von den rein örtlichen Eigenschaften der Probe an der Bohrstelle abhängt.

Schubert benutzte zur Wertbestimmung verschiedener Bettungsstoffe folgendes Verfahren [3], In einem starken, aus Eisenblech mit Winkeleisenverstärkung gefertigten Kalten von 95 cm Länge, 15 cm Breite und 30 cm Höhe wird ein 15 cm langes Schwellenstück mit dem zu prüfenden Material hineingebettet und die Schwelle dann mit der nachstehend beschriebenen Vorrichtung im steten Wechsel be- und entlastet. Hierbei wird die Beziehung zwischen Belastungszahl und Senkung der Schwelle beobachtet. Sobald letztere 20 mm beträgt, wird von neuem aufgestopft und der Versuch dann fortgesetzt. Er gilt als beendet, wenn die sechste Stopfung wieder um 20 mm sich gesenkt hat. Alsdann wird der gesamte Bettungsstoff aus dem Kasten entnommen, gut getrocknet und durch Ablieben zunächst die auf unter 12 mm Korngröße zerkleinerte Menge ermittelt. Ihre Größe sowie ihr Gehalt an Material mit höchstens 2 mm Korngröße und an Staub liefern dann die Vergleichswerte für den Verbrauch an Bettungsstoff und somit für die Güte des betreffenden Gesteins. Liefern z.B. zwei Gesteinsarten nach sechs Stopfungen mit zusammen 419 Stopfschlägen folgende Werte:


Schotterprüfungen

so verhalten sich im Stoffverbrauch A/B = 181/228 = 1/1,26 und 395/446 = 1/1,13 und 645/645 = 1/1 und in der Liegedauer A/B = 496159/386338 = 1/0,78. Hiernach zeigt B zwar geringere Liegedauer als A, dafür aber nicht unerheblich geringeren Stoffverbrauch; beide werden daher als gleichwertig angesehen. Selbstverständlich müssen, um den Vergleich zulässig zu machen, alle Gesteinsarten unter den gleichen Versuchsbedingungen geprüft werden, also mit Schwellen gleicher Form, mit gleicher Anzahl Stopfungen und gleicher Anzahl Stopfschläge für die gleiche Stopfungsreihe und gleichgroßen Belastungen. – Schubert bemißt letztere mit Rücksicht auf die im Eisenbahnbetriebe vorkommenden Stöße auf 4 kg/qcm und bringt hierzu die in den Kasten eingebettete Schwelle unter einen 3 m langen, aus zwei Schienenstücken bestehenden Hebel, der an dem einen Ende drehbar gelagert ist und am andern Ende durch eine maschinell angetriebene Exzenterscheibe gehoben und gesenkt wird, nachdem er dem gewünschten Druck entsprechend belastet ist. Schuberts Versuche zeigten für das Bettungsmaterial, daß Steinschlagbettung aus hartem Gestein der Kiesbettung in bezug auf Arbeitslohn um das Dreifache, in bezug auf Verbrauch an Bettungsstoff um das Sechsfache überlegen ist und daß Bettungsstoff aus kleineren und muschelartig geformten Steinen sich besser zur Erzielung eines seiten Schwellenlagers eignet als Gestein mit gröberem und würfelförmigem Korn.

Rudeloff hat ein Verfahren angegeben [4], bei dem Eisenbahnschotter auf Widerstandsfähigkeit gegen die Schläge der Stopfhacke, gegen den wechselnden Schwellendruck und gegen Witterungseinflüsse geprüft werden soll. Das Material wird durch Ablieben auf sechs Sieben von 6, 12, 19, 25, 32 und 50 mm Maschenweite in lieben Bestandteile verschiedener Korngröße getrennt und deren Gewichtsanteile ermittelt. Das Feinste, welches durch das Sechsmillimetersieb hindurchgeht, wird nicht verwendet und die übrigen sechs Bestandteile werden wie folgt getrennt untersucht. – Zu den Schlagversuchen mit der Stopfhacke werden 5,6 kg des Materials in einen starkwandigen Holzkasten gebracht und Schläge unmittelbar darauf ausgeübt mit einem Werkzeug, das in eine der Stopfhacke nachgebildete stumpfe Schneide ausläuft. Da ein mechanisch betriebenes Fallwerk, Bauart Martens [5], zur Verfügung stand, so wurde das Werkzeug an eine hölzerne Stange befestigt (s. Fig. 2) und mit dieser an Stelle des Schlagkolbens in das Fallwerk eingebaut. Das Fallgewicht betrug etwa 9,6 kg, die Schlagarbeit für den Schlag 2,07 mkg. Nach 100, 300, 600 und 800 Schlägen gleicher Arbeit wurde das Probematerial wieder durch die obengenannten sechs Siebe geliebt, das nun vorhandene Verhältnis der Gewichtsmengen der verschiedenen Korngrößen festgestellt und dann die ganze Masse nach gehörigem Durchmischen zur Fortsetzung der Versuchsreihe bis zur nächsten Schlagzahl wieder in den Kasten zurückgeschüttet. Der Grad der Zertrümmerung, besonders die Abnahme des Gehaltes an Material der ursprünglichen Korngröße und die Menge des entstandenen Feinsten (durch das Sechsmillimetersieb durchgehend) dienen zur Beurteilung des Schlagwiderstandes.

In fast gleicher Weise werden die Versuche zur Ermittlung des Widerstandes gegen wechselnden Schwellendruck ausgeführt, nur daß die Kastenfüllung mit einem[783] 50 mm dicken Hartholz bedeckt wird, dessen Länge und Breite nahezu gleich den lichten Abmessungen des Kastens sind und auf das oben ein Eisen von 50 × 50 mm Querschnitt aufgeschraubt ist. Die Schläge treffen jetzt auf das Eisen und zwar wird das Schlagwerkzeug nach Fig. 3 mit einem eisernen Schuh versehen. Das Schlaggewicht beträgt etwa 15 kg, und das Ablieben erfolgt nach 500, 1000 und 1500 Schlägen.

Zur Prüfung des Einflusses der Witterung (Feuchtigkeit und Frost) dienen Druckversuche, bei denen das Probematerial, in ein starkwandiges, eisernes Rohr von 118 mm lichter Weite zu 100 mm hoher Schicht eingerüttelt, unter einem Stempel von 116 mm Durchmesser mit 20 und 40 t belastet und dann dem Siebversuch von neuem unterworfen wird. Die Untersuchung erfolgt an Material von folgenden vier Zuständen: a) getrocknet, b) mindestens 2 Stunden in Wasser gelagert, c) naß 15 mal bei – 12–15° C. ausgefroren und wieder aufgetaut im gefrorenen Zustande, und d) wie bei c), aber im aufgetauten Zustande. Die Beurteilung erfolgt auch hierbei nach dem Grade der Zertrümmerung. Literatur: [1] Ann. des ponts et chaussées 1879. – [2] Deutsche Bauztg. 1879. – [3] Schubert, Schwellenquerschnitt, Schwellenabstand und Bettungsstoff im Eisenbahngleise, Berlin 1897. – [4] Rudeloff, Untersuchung von Kies und Steinschlag zur Beurteilung ihres Wertes als Stopfmaterial für den Eisenbahnoberbau, Mitteil, a. d. Kgl. Techn. Versuchsanstalten 1897, S. 279. – [5] Ders., Bericht über die im Auftrage des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe ausgeführten vergleichenden Untersuchungen von Seilverbindungen im Fahrstuhlbetrieb, Mitteil, a. d. Kgl. Techn. Versuchsanstalten 1893, S. 177.

Rudeloff.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 782-784.
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