[697] Schwefelsäure, technische Herstellung.
Röstöfen für Schwefelkies u. dergl. Der neuere Ofen der Erzröstgesellschaft m. b. H., Köln, besitzt auf seiner kreisrunden, mit Gefälle versehenen Herdsohle zwischen den Bahnen der schräg gestellten Rührarmzähne konzentrische Ringscheidewände zum längeren Zurückhalten des Kieses, die nur an der Auslaufseite unterbrochen sind [1]. Besonders viel leisten soll der in Deutschland neuestens eingeführte amerikanische Wedge-Ofen, der in Amerika mit wohl zu großen Abmessungen gebaut wird (30 t täglich) [2]. Er hat eine schamottziegelbewehrte, die ringförmigen Muffelkammern abschließende Hohlwelle von großem Durchmesser, die mit breitem, den Antriebszahnkranz tragendem Fuß, durch ein Fußlager geführt, auf Rollen steht. Die ringförmigen Gewölbe der Kammern ruhen außen ganz unabhängig auf durch eiserne Pfosten getragenen Widerlagerringen. Für Zinkblende (sie erfordert höhere Temperatur) braucht man in Amerika den Ofen von Matthießen und Hegeler, in Belgien den Delplace-Ofen, sonst (Erzröstges. Köln) den de Spirlet-Ofen. Man bevorzugt hierbei Generatorfeuerungen. In den Flugstaubkammern hängt Lütjens an die Decke anschließende, filtrierende Siebblechrohre auf [3].
Bleikammerverfahren. Man hat mehrfach die Kammern durch Einbau allerlei halbabschließender Zwischenwände oder andrer Körper aus Bleiblech leistungsfähiger gemacht, indem Wirbelbewegungen und Verdichtungen der Gase ihre Reaktion erleichtern, doch stieg dadurch auch die Abnutzung der Kammern [4]. Falding baut sehr hohe, turmähnliche, einzeln betriebene Kammern und leitet die Gase von oben nach unten, dann in einen Gloverturm. Die kreisrunden Kammern des Tangentialsystems werden jetzt ebenfalls viel höher gebaut, bis zu 14 oder 18 m. Zum Anfeuchten der Gase nimmt man Wasserverstäubungsdüsen zu Hilfe [5].
Turmverfahren. Diesem Verfahren dient das schon in vielen Anlagen betriebene Oplsche Turmsystem, in welchem die Kammern durch Glovertürme ersetzt sind. Es enthält nur 3 Glovertürme (vorn) und 3 Gay-Lussac-Türme. Alle diese Türme arbeiten so zusammen wie im Kammersystem: 1 mit 6, 2 mit 5 und 3 mit 4. Die Steigleitungen werden gekühlt. Die Endgase setzen ihre Säurenebel in einer Kokskiste ab [4], [6].
Säurekonzentrierung und -wiedergewinnung leistet bestens der Gaillard-Turm.
Kontaktverfahren. Diese erfordern Reinigung der Röstgase von Staub jeder Art, arseniger Säure, Schwefel, Selen und Fluorsilizium durch Filtrieren. Das Hindurchtreiben der Gase durch die Apparate geschieht mit Schleudergebläsen. Man unterscheidet:
1. Knietsch-Verfahren der Badischen Anilin- und Sodafabrik (ältestes) mit als stehender Röhrenkessel ausgebildetem Platinkontaktapparat, der in seinen schmiedeeisernen Röhren auf zahlreichen gelochten Schamottplättchen lose gehäufte, getrennte Schichten von höchstens zehnprozentigem Platinasbest enthält. Der Apparat braucht Temperaturreglung [7], [8].
2. Schröder-Grillo-Verfahren der Akt.-Ges. für Zinkindustrie vorm. Wilh. Grillo in Oberhausen, mit Röhrenvorwärmer und (als Kontaktapparat) einem einzigen stehenden schmiedeeisernen Rohr von 150 mm Durchmesser und 4 m Länge, in welchem sich nur sehr wenig Platin enthaltendes Magnesiumsulfat oder (neuerdings) Ton oder Asbest mit Platin befindet. Nach Vorwärmen auf etwa 300° Stellt sich die Temperatur allein durch die Reaktionswärme dauernd auf 400420° ein. Zum vorherigen Reinigen der Gase und zum nachherigen Kühlen und Gewinnen der Schwefelsäure dienen mit Schwefelsäure berieselte niedrige Koksgrießtürme [5], [8].
3. Verbindung von Kammer- mit Kontaktverfahren, enthaltend hinter den Bleikammern Röhrenvorwärmer und nach Wahl gestaltete Kontaktkammer, die z.B. einen doppelschraubenförmigen (hin- und rücklaufenden) Kanal darstellt. Zum Kühlen und Gewinnen der Schwefelsäure dienen Türme mit Koks oder Quarz [5].
Das bei Bleikammer- und Turmverfahren erforderliche Eindampfen geschieht in Platinkesseln oder terrassenförmig auf gestellten Quarzglasschalen. Auch ein Vakuumturm mit Zerstäubung der Säure und Gegenstrom von trockener heißer Luft wird erprobt [5] (s. oben unter Kontaktverfahren).
Die Jahreserzeugung an Schwefelsäure beträgt im Deutschen Reiche jetzt rund 11/2 Millionen Tonnen.
Literatur: [1] Von Kéler, Zeitschr. f. angewandte Chemie 1913, Nr. 31, Aufsatzteil, S. 209. [2] Duisberg, Zeitschr. f. angewandte Chemie 1913, Nr. 1. [3] Reusch, Chemiker-Ztg. 1913, Nr. 30. [4] Hartmann, Zeitschr. f. angewandte Chemie 1911, Heft 48, S. 2302. [5] Reusch, Chemiker-Ztg. 1913, Nr. 32. [6] Theod. Meyer, Zeitschr. f. angewandte Chemie 1912, Heft 5, S. 203. [7] Ost, Lehrbuch d. chem. Technologie, 7. Aufl., Hannover 1911. [8] Lunge, Handbuch der Sodaindustrie, 1. Bd., 3. Aufl., Braunschweig 1903.
Moye.