Stearin

[276] Stearin, richtiger Tristearin, ist das Triglyzerid der Stearinsäure [C3H5(O · C18 H35O)3]; das von den Stearinfabriken erzeugte Stearin ist aber nicht dieses, sondern ein Gemenge von seiten Fettsäuren [1].

Die Fette, hauptsächlich Talg, Palmöl, Knochenfett, werden durch Verseifung in Fettsäuren und Glyzerin gespalten und die erhaltenen Fettsäuren danach zur Abscheidung der flüssigen Fettsäuren zuerst einer kalten und hierauf einer warmen Pressung in hydraulischen Pressen unterworfen. Die in der Presse zurückbleibende feste Masse ist das Stearin, welches als Kerzenmaterial dient. Aus dem Abgepreßten werden die festen Fettsäuren noch nach Möglichkeit gewonnen, und der flüssige Teil unter dem Namen Olein in den Handel gebracht. Dieses Olein, welches im wesentlichen eine mit etwas festen Fettsäuren verunreinigte Oelsäure ist, findet Verwendung in der Seifenfabrikation und in der Textilindustrie. – Zur Verseifung der Fette benutzt die Stearinfabrikation verschiedene Methoden; sie verseift mit Kalk, mit Schwefelsäure oder mit Wasser. Bei dem ältesten Verfahren, der Kalkverseifung im offenen Gefäß, wurde das Fett mit 15% Kalk behandelt und die entstandene Kalkseife durch Schwefelsäure zersetzt. Später fand de Milly, daß, wenn man in geschlossenen Apparaten (Autoklaven) unter Druck arbeitet, die Kalkmenge bedeutend verringert werden kann. Bei einem Druck von 8–12 Atmosphären kann man auf 4–2% Kalk heruntergehen (statt Kalk wird jetzt vielfach Magnesia verwendet). Geht man mit dem Druck noch höher, so kann man mit Wasser allein verseifen; doch bietet dies Verfahren technisch große Schwierigkeiten. – Die Verseifung durch Schwefelsäure wird auf zweierlei Weise ausgeführt. Nach der einen Methode läßt man die Schwefelsäure mehrere Stunden auf das erwärmte Fett einwirken, nach der andern läßt man das auf 105–110° C. gebrachte Fett mit einigen Prozenten Schwefelsäure von 66° Bé nur wenige Minuten in Berührung und vollendet die begonnene Verseifung durch mehrstündiges Kochen mit schwefelsäurehaltigem Wasser. Das letztere Verfahren ist das bessere. Die durch die Schwefelsäureverseifung gewonnene Fettsäure wird zur Entfernung der Schwefelsäure mit Wasser und Dampf gekocht und mit überhitztem Wasserdampf destilliert.


Literatur: [1] Bolley, Beleuchtungswesen, Braunschweig 1862, S. 74 ff.; Droux, Les produits chimiques et la Savonnerie, Paris 1878, S. 59 ff.; Marazza, L'industria stearica, Mailand 1893; Mangold, Die Stearinindustrie, Weimar 1896.

Deite.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 276.
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