[564] Anteil- und Gewährverwaltung, Übergangsform von der Verwaltung zur Verpachtung, sichert dem Besitzer einen durchschnittlichen Normalertrag von seinem Besitz und verleiht dem Verwalter durch Beteiligung am Unternehmergewinn die Eigenschaft eines selbständigen Betriebsleiters. Bei der Anteilverwaltung wird dem Anteilverwalter das Gut nebst totem und lebendem Inventar mit der Verpflichtung überlassen, den durchschnittlichen Normalreinertrag (entsprechend dem Pachtschilling bei der Verpachtung mit Überlieferungen), sofern derselbe wirklich erreicht wird, an den Gutsbesitzer abzuführen. Der Anteilverwalter erhält neben mäßigem, fixem [564] Gehalt vom Mehrertrag, der über die Kapitalverzinsung hinaus erzielt wird, etwa die Hälfte, während der Rest zur Schaffung eines Reservefonds, zur Begleichung von Mindererträgen dient. Der Anteilverwalter übernimmt dem Normalertrag gegenüber keine Garantie und kommt deshalb auch für einen etwaigen Unternehmerverlust nicht auf. Hat der Reservefonds den Wert des halben oder ganzen Jahresnormalertrags erreicht, so tritt er an Stelle der Kaution zur Sicherstellung des Normalreinertrags bei der Gewährverwaltung. Bei dieser garantiert der Gewährverwalter dem Gutsherrn mit Kaution den Eingang des Normalreinertrags oder die durchschnittliche Verzinsung des Grund- und Betriebskapitals. Der Unternehmergewinn fällt dann (neben barer Besoldung für die Verwaltung des Kapitals oder auch ohne diese) ganz oder bei ungenügender Kaution zur Deckung gegen das damit verbundene größere Risiko zu 75 Proz. oder weniger dem Gewährverwalter zu, der dagegen für jeden Unternehmerverlust aus der Kaution oder aus eignem Vermögen Ersatz zu bieten hat. Bei der A. u. G. stellt der Besitzer das Grund- und Betriebskapital; die eventuelle Kaution soll den Normalertrag, nicht aber das Gutsobjekt sicherstellen, weshalb auch dem Besitzer Kasse und Buchführung auf Grund von Anweisung der Empfänge und Ausgaben von seiten des Anteil- und Gewährverwalters sowie die Kontrolle über alle Naturalvorräte und die Werterhaltung der Gutssubstanz zusteht. Der Anteil- und Gewährverwalter erhält dagegen vollständige Freiheit, Betriebsorganisationen einzuführen, die ihm zur Erreichung der höchsten Rente am passendsten dünken, die Konjunkturen im Kauf und Verkauf ohne Einholung einer gutsherrlichen Genehmigung ausnutzen zu können, und das Recht, Hilfspersonal nach eignem Ermessen aufnehmen und entlassen zu können. Vgl. Krafft, Die Betriebslehre (6. Aufl., Berl. 1899); Hecke, Die landwirtschaftlichen Erträge und die Tantiemen (Wien 1890); Diebl, Die zeitgemäße Gestaltung der Gutswirtschaft und des Beamtenstandes (Brünn 1884).
Meyers-1905: Gewährverwaltung