Bernīna-Alpen

[719] Bernīna-Alpen, Hochgebirgsgruppe der Rätischen Alpen (s. die Karten »Alpen« und »Schweiz«), an der Grenze Graubündens und Italiens (Provinz Sondrio) gelegen, von der Mera, dem Oberengadin. Berninapaß und der Adda begrenzt, zerfällt durch den Murettopaß (2557 m) in eine westliche und eine östliche Hälfte, jene mit dem Monte della Disgrazia (3677 m), diese mit dem Piz Bernina (4052 m) als Haupt, woran sich im SO. der Stock des Monte Scalino (3328 m) anschließt. Der Disgraziastock besteht aus einer granitischen Kernmasse, die sich etwa von SW. nach NO. erstreckt, und ist auf seiner Höhe durchaus vergletschert. Der zweithöchste Gipfel ist die Cima di Castello (3402 m), die größten Gletscher sind der Forno- und der Albignagletscher. Der Berninastock besteht hauptsächlich aus Granit, Syenit und Syenit-Diorit, ist äußerst massig aufgebaut und nur an der Nordseite, auf der gletschererfüllte Täler in das Innere des Gebirges eindringen, etwas stärker gegliedert, während die Südseite in steilen Terrassen abfällt. Der landschaftliche Charakter des Berninastockes ist von erhabener Pracht und läßt sich dem Großartigsten und Schönsten zur Seite stellen, was die Alpen aufzuweisen haben. Ein besonderer Schmuck der B. sind die zahlreichen Hochseen. Die höchsten Gipfel bilden meist scharfkantige Pyramiden, die Farbe der Felsen ist dunkel, oft rostbraun und tritt dadurch in malerischen Gegensatz zum blauen Gletschereis und dem reinen Firnschnee. Die Gipfelhöhen[719] bewegen sich zumeist zwischen 3400 und 4000 m; die höchsten Spitzen sind außer dem Piz Bernina: Piz Zupo (3999 m), Piz Roseg (3943 m) und Piz Palü (3912 m). Der Piz Bernina erhebt sich über dem 9 km langen, 24 qkm großen Morteratschgletscher als eine scharfe Felsspitze mit jäh abfallenden Eiswänden. Ausgedehnte Gletscher sind außerdem der Roseg- und Palügletscher. Die schwierig zu erreichende Spitze des Bernina wurde das erste Mal von Coaz 13. Sept. 1850 erstiegen. Gegenwärtig sind die sehr häufigen Bergtouren in der Gruppe durch mehrere Unterkunftshäuser, darunter die Bovalhütte (2459 m) und die Mortelhütte (2390 m), erleichtert. Vortreffliche Überblicke der B. gewähren der Piz Languard (3266 m) und der Piz Ot (3249 m). Die östliche Begrenzung der B. gegen die Spölalpen bildet der Berninapaß (2334 m) mit Hospiz, über den eine 1864 vollendete Kunststraße von Samaden im Oberengadin über Pontresina und Poschiavo nach Tirano im Veltlin führt. Vgl. das Prachtwerk »Bernina-Massiv« (hrsg. von Lorria, Martel u. a., Zür. 1895); Lechner, Das Oberengadin (3. Aufl., Leipz. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 719-720.
Lizenz:
Faksimiles:
719 | 720
Kategorien: