Bourges

[283] Bourges (spr. būrsch'), Hauptstadt des franz. Depart. Cher, 156 m ü. M., an der Yèvre und am Berrykanal, um eine Anhöhe gruppiert, Knotenpunkt an der Orléansbahn, hat zahlreiche Prachtbauten aus dem Mittelalter, darunter: die gotische Kathedrale St.-Etienne auf der Plattform des Hügels, eine der schönsten Kirchen Frankreichs, 1190–1324 erbaut, mit zwei unvollendeten Türmen, reichgeschmückten Portalen, in dem fünfschiffigen Innern reich an Glasmalereien; die Kirchen Notre Dame und St.-Bonnet; der erzbischöfliche Palast mit schönem Garten und Obelisk zu Ehren des Agronomen Béthune-Charost; das zierliche Renaissancehôtel Jacques Coeur, jetzt Justizpalast; die Hôtels Lallemand und Cujas (heute Museum); das ehemalige Stadthaus. Auch von den gallo-römischen und mittelalterlichen Stadtmauern sind noch Reste erhalten. Die Gewerbtätigkeit der Einwohner, (1901) 42,726 an der Zahl, erstreckt sich auf Fabrikation von Tuch, Messerschmiedewaren etc., auch treiben sie Handel mit Getreide, Hanf, Holz und Wein. Seit dem letzten Kriege wurde B. zu einer großen Militärwerkstätte umgeschaffen und in einem neuentstandenen östlichen Stadtteil ein Arsenal, Kanonengießerei, Materialmagazin, Artilleriekaserne, pyrotechnische und Artillerieschule etc. vereinigt. B. hat ein geistliches Seminar, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Lyzeum, eine Kunstschule, eine Bibliothek von 20,000 Bänden, ein Museum, ein Theater und mehrere Wohltätigkeitsanstalten. Es ist der Sitz eines der ältesten Erzbistümer (im 3. Jahrh. gegründet), des Präfekten, des Generalkommandos des 8. Armeekorps, eines Appellhofs und Handelsgerichts, ferner Geburtsort Ludwigs XI., des Kanzelredners Bourdaloue und des Finanzmannes Jacques Coeur. 1 km von B. die großen metallurgischen Werke von Mazières. – B., das alte Avaricum (nach dem Fluß Avara), einst die festeste Stadt der Bituriges Cubi, wurde 52 v. Chr. von Cäsar erobert und verheert, später aber zur Hauptstadt der Aquitania prima erhoben. Man erbaute daselbst ein Amphitheater. Die Stadt nahm später den Namen des Volksstammes der Bituriger an (daraus der jetzige Name). Im[283] 5. Jahrh. eroberten die Goten, 583 Chilperich von Neustrien die Stadt, der sie den Flammen preisgab; Karl d. Gr. und später Philipp August stellten sie wieder her. Im Mittelalter war B. die Hauptstadt der Landschaft Berry, durch ihre Universität und ihren Reichtum gleich berühmt. Von den hier gehaltenen 17 Konzilen ist das von Karl VII. geleitete von 1438, das, das Konzil von Ferrara verwerfend, die Freiheit der gallikanischen Kirche gegen den Papst verteidigte, wichtig. Karl VII. hielt in der Zeit seiner Bedrängnis vor 1429 hier häufig Hof, weswegen er König von B. genannt wurde.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 283-284.
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