Brütt

[515] Brütt, 1) Ferdinand, Maler, geb. 13. Juli 1849 in Hamburg, war anfangs Lithograph, bildete sich seit 1870 auf der Kunstschule in Weimar bei A. Baur, Pauwels und Gussow zum Genremaler aus und ließ sich 1876 in Düsseldorf nieder. Nachdem er in seinen ersten Bildern (gestörte Ruhe, heimkehrende Wallfahrer, eine Bauerndeputation, Audienz auf der Treppe, des Landes Hoffnung, die Macht der Töne, die Bittstellerin) noch zwischen der Schilderung des modernen Bauernlebens und Motiven aus dem 18. Jahrh. geschwankt, griff er zu Anfang der 1880er Jahre in das Leben der Städte hinein und schuf eine Reihe von Bildern, in denen sich mit der glücklichen Wahl des Motivs und der bisweilen dramatisch zugespitzten Situation eine große Mannigfaltigkeit und Tiefe der Charakteristik und eine sich stetig zu größerer Virtuosität entwickelnde Kraft der malerischen Darstellung vereinigen. Diese Vorzüge zeigen sich besonders in den figurenreichen Bildern: Verurteilt (in der Kunsthalle zu Hamburg), Freigesprochen, ebenfalls eine dramatische Gerichtsszene, der Bauernprotest, Schwere Wahl, An der Börse (1888), der Prozeßbauer. In der Gemäldegalerie (1890), die Schuldverschreibung (1896), Vor den Geschwornen (1898), Nach bangen Stunden (Gerichtsszene, 1899) und Im Kasino (1900). In neuerer Zeit hat er auch religiöse Bilder (Was toben die Heiden?, Christus als Tröster, Christnacht) gemalt. 1898 siedelte er nach Kronberg im Taunus über.

2) Adolf, Bildhauer, geb. 10. Mai 1855 in Husum, studierte nach erlangter praktischer Vorbildung von 1875–78 auf der Kunstakademie in Berlin und bildete sich dann auf Studienreisen nach Italien und Paris weiter. Seinen ersten großen Erfolg errang er erst auf der großen Berliner Kunstausstellung von 1887 mit der durch tief eindringendes Naturstudium und energische Charakteristik ausgezeichneten Gruppe. Gerettet (s. Tafel »Bildhauerkunst XVIII«, Fig. 10), die ihm die kleine goldene Medaille einbrachte und für die Nationalgalerie angekauft wurde. Dieselben Vorzüge sind auch einer Eva mit ihren Kindern (1890, Nationalgalerie) und einer nackten Schwerttänzerin (1891) eigen. Nachdem sich B. durch erfolgreiche Beteiligung an öffentlichen Wettbewerben weiter bekannt gemacht, wurde ihm 1894 die Ausführung des Kaiser Wilhelm-Denkmals für Kiel übertragen, dem 1897 das Denkmal des Fürsten Bismarck für Altona folgte. Für die Siegesallee in Berlin schuf B. die Gruppen des Markgrafen Otto des Faulen (1899, s. Tafel »Berliner Denkmäler II«, Fig. 6) und Königs Friedrich Wilhelm II. (1900). Nach Vollendung dieser Gruppen wurde ihm die Ausführung eines Standbildes Kaiser Friedrichs für den Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin und eines Reiterstandbildes desselben Kaisers für Breslau übertragen. Außerdem hat B. eine Kolossalstatue Heinrichs des Voglers für das Reichstagsgebäude, ein Standbild Bismarcks für das Denkmal auf dem Knivsberg in Schleswig und ein Denkmal Theodor Storms für Husum geschaffen. Auch seine monumentalen Arbeiten sind durch Feinheit und Tiefe der Charakteristik bei schlichter Auffassung ausgezeichnet. B. ist seit 1892 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und besitzt die große goldene Medaille der Berliner Ausstellung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 515.
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