Camerarĭus [2]

[718] Camerarĭus, 1) Joachim, eigentlich Liebhard, gewöhnlich aber Kammermeister (latin. C.) genannt (nach dem in der Familie erblichen Amt eines bischöflichen Kämmerers), Humanist, geb. 12. April 1500 in Bamberg, gest. 17. April 1574 in Leipzig, studierte seit 1513 in Leipzig, seit 1518 in Erfurt und ging 1521 nach Wittenberg, wo er mit Melanchthon Freundschaft schloß. Nach längerm Aufenthalt in seiner Vaterstadt sowie größern Reisen nach Basel zu Erasmus (1524) und nach Preußen (1525) wurde er 1526 Direktor und Lehrer des Griechischen an der »hohen Schule« zu Nürnberg; 1530 Abgeordneter Nürnbergs beim Reichstag in Augsburg, hatte er großen Anteil an der Abfassung der Augsburgischen Konfession. Seit 1535 begründete er in Tübingen die klassischen Studien, 1541 nach Leipzig berufen, führte er auch hier die Reorganisation der Universität glänzend durch. 1555 ging er nochmals als Deputierter zum Reichstag nach Augsburg und begleitete Melanchthon zum Religionsgespräch in Nürnberg sowie auch 1556 auf den Reichstag zu Regensburg. Maximilian II. berief ihn 1568 zu den Einigungsverhandlungen der christlichen Konfessionen nach Wien. C. war nicht bloß ein ausgezeichneter Universitätslehrer, sondern auch der bedeutendste Philolog Deutschlands im 16. Jahrh. Dies beweisen seine Übersetzungen aus dem Griechischen, seine zahlreichen Ausgaben und Kommentare griechischer und lateinischer Schriftsteller, so des Plautus, seine Beiträge zur griechischen und lateinischen Grammatik und zu den Altertümern. Sonst nennen wir die Biographien des Eobanus Hessus (Leipz. 1553), des Fürsten Georg von Anhalt (das. 1555) und Melanchthons (das. 1566; neue Ausg. von Strobel, Halle 1777) und eine Sammlung von Briefen Melanchthons (Leipz. 1569). Seine »Epistolae familiares« erschienen Frankfurt 1583–95, 3 Bde.

2) Rudolf Jakob, Mediziner und Botaniker, geb. 12. Febr. 1665 in Tübingen, gest. daselbst 11. Sept. 1721, bereiste 1685–97 einen großen Teil Europas und wurde 1687 Professor der Medizin und Direktor des botanischen Gartens in Tübingen. C. legte mit seinen Experimenten den Grund zur Sexualtheorie der Pflanzen in der »Epistola de sexu plantarum« (Tübing. 1694, neue Ausg. 1749). »R. J. Camerarii opuscula botanici argumenti« gab Mikan heraus (Prag 1797).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 718.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: