Carpeaux

[775] Carpeaux (spr. -pō), Jean Baptiste, franz. Bildhauer, geb. 14. Mai 1827 in Valenciennes, gest. 12. Okt. 1875 in Courbevoie bei Paris, lernte, nachdem er eine Zeitlang Modelle für die Kunstindustrie angefertigt, bei Rude und Duret und erhielt 1854 den römischen Preis. Die Früchte seines Aufenthalts in Rom waren der 1858 ausgestellte neapolitanische Fischerknabe, in dem die künstlerischen Grundsätze seiner Lehrmeister noch durch ein seines Naturstudium erweitert und geläutert sind, und La palom bella, die Büste einer jungen Sabinerin. Nach einem kurzen Aufenthalt in Valenciennes ging er nach Rom zurück und schuf hier die Gruppe des von seinen vier Söhnen und Enkeln umgebenen Ugolino nach Dante, die, durchaus naturalistisch und malerisch gehalten, zu den damals geltenden Gesetzen der Plastik in vollen Widerspruch trat (Bronzeguß im Tuileriengarten zu Paris). 1862 nach Paris zurückgekehrt, suchte er das Ungestüm seiner naturalistischen Tendenz zu mildern, was ihm besonders in dem Mädchen mit der Muschel (1864), der Statue des kaiserlichen Prinzen (1866) und den dekorativen Arbeiten für den Florapavillon des Louvre gelang. Sein Hauptwerk, die Gruppe des Tanzes an der Fassade des Erdgeschosses der Neuen Oper in Paris (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 15), in dem sich die Lebensfülle, die dramatische Kraft, aber auch die wilde Üppigkeit seiner Phantasie am stärksten offenbaren, gab die Veranlassung zu einer heftigen Polemik, die durch alle dem Regime des Kaisers Napoleon feindlichen Elemente genährt wurde. Als eine Folge dieses Streites wurde ein Attentat angesehen, das in der Nacht vom 27. zum 28. Aug. 1869 gegen die Gruppe dadurch ausgeführt ward, daß eine ruchlose Hand eine Flasche Tinte gegen sie schleuderte. Die Flecke konnten jedoch entfernt werden. Von C.' spätern Werken sind die bedeutendsten: die Fontäne der vier Weltteile im Luxembourggarten, die Statue Watteaus und die Büste von A. Dumas dem jüngern. Vgl. E. Chesneau, Le statuaire J. B. C. (Par. 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 775.
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