Claude Lorrain

[179] Claude Lorrain (spr. klōd' lorräng, eigentlich Claude Gellée oder Gelée), franz. Maler, geb. um 1600 im Marktflecken Chamagne bei Mirecourt in Lothringen, gest. 21. Nov. 1682 in Rom, verlor im 12. Jahr seine Eltern, weshalb er sich nach Freiburg i. Br. zu seinem Bruder Jean begab, der ihn im Zeichnen unterrichtete. Von da ging er nach Rom, wo er bei dem Landschaftsmaler A. Tassi bis 1625 fernern Unterricht genoß, sich daneben aber auch nach P. Bril, Elsheimer und Annibale Carracci bildete. Dann studierte er in Venedig Tizians Landschaften und kehrte von da nach der Heimat zurück, wo er in Nancy tätig war. 1627 kam er wieder nach Rom, wo zwei Landschaften, die er für den Kardinal Bentivoglio malte, seinen Ruf begründeten und ihm große Bestellungen einbrachten. C. war Idealist in seiner Kunst. Er bezweckte nicht, die italienischen Szenerien treu darzustellen, sondern ihre Motive zu landschaftlichen Gedichten zu verwerten. Ein zarter Duft, ein klares, aber gemäßigtes und sein abgetöntes Licht ergießen sich über seine Bilder, deren Komposition poetisch und großartig zu sein pflegt. C. ist das eine. Haupt der »idealen« Landschaftsmalerei, Poussin das andre: der erste lieblicher, märchenhaft duftiger, der andre erhabener, ernster; der erste mit zartem Pinsel ausführend, der zweite mit breiten, großen Strichen. Bisweilen haben Claude Lorrains Gemälde freilich etwas zu Konventionelles, seine Formen sind häufig zu gesucht. Unangenehm sind seine Architekturen und mangelhaft seine menschlichen und Tierfiguren, auf die er selbst keinen Wert legte; oft malten andre ihm die Staffage. C. fand viele Nachfolger, sein Einfluß erhielt sich noch während des ganzen 18. Jahrh. Von den Landschaften, die er gemalt, pflegte er leichte Zeichnungen in Tusche zu machen und in sein »Buch der Wahrheit« aufzunehmen, damit Liebhaber seiner Werke diese von nachgeahmten unterscheiden konnten. Drei bedeutende Gemälde von ihm befinden sich im Palast Doria, von denen besonders das eine unter dem Namen der »Mühle« bekannt ist. Die Nationalgalerie in London besitzt eine Landschaft mit Narcissus und Echo; eine kleine Landschaft mit Hagar in der Wüste; eine Landschaft bei Sonnenuntergang, den Tod der Prokris enthaltend; die heilige Ursula, mit ihren Jungfrauen sich einschiffend; die Königin von Saba. Die Bridgewatergalerie hat eine große Landschaft mit Moses am feurigen Busch; eine große Landschaft mit tanzenden Nymphen und dem Schäfer des Apulejus. Die Sammlung des Herzogs von Devonshire besitzt das genannte Liber veritatis, das u. d. T.: »Liber veritatis, or a collection of 100 prints after the original designs of Claude le Lorrain, etc.« (Lond. 1774–77) in Stichen von Earlom erschien. Zu Longford Castle bei Salisbury sind zwei große Bilder: ein Seehafen bei Sonnenaufgang und ein Sonnenuntergang mit antiken Ruinen und einer Wasserleitung. Im Louvre zu Paris befinden sich unter anderm die Hochzeit unter Bäumen; der Campo Vaccino, 1660 gemalt; die Landung der Kleopatra; eine Landschaft mit der Salbung Davids durch Samuel; eine Marine mit reichbeladenen Schiffen; die Zubereitung zum Opfer; ein Seehafen bei Sonnenuntergang; eine Marine bei Sonnenuntergang; ein Landungsplatz mit Schiffen; eine Marine mit einem Leuchtturm; zwei unter dem Namen Siège de la Rochelle und Le Pas de Suze bekannte Vilder. Das Museum zu Neapel besitzt einen Sonnenuntergang am Meer und die Grotte der Egeria, die Eremitage in Petersburg die vier Jahreszeiten. In der Pinakothek zu München sind ebenfalls meisterhafte Bilder von C.: eine Landschaft mit der ausgehenden Sonne; die untergehende Sonne, während eine Herde durch das spiegelnde Wasser geht; Abraham, die Hagar mit Ismael verweisend. Im Berliner Museum befindet sich eine italienische Küstenlandschaft mit Schäfern und eine Landschaft mit Diana, Hippolyt und der Nymphe Aricia. In der Dresdener Galerie sind zwei Landschaften von C. mit Acis und Galatea und der Flucht nach Ägypten. C. radierte auch 42 Blätter, die sehr gesucht sind (nachgebildet von Amand-Durand, Par. 1875). Vgl. Graf von Lepel, Œuvres de Claude Gellée, dit le Lorrain (Dresd. 1806); Mad. Mark Pattison, C., sa vie et ses œuvres (Par. 1884); Dullea, Claude Gellée le Lorrain (Lond. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 179.
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